Gekündigte Lebensversicherung - So kommen Kunden an ihr Geld

Hamburg (dpa/tmn) - Lebensversicherungen sind zwar beliebt. Einige Policen werden aber vorzeitig gekündigt - Kunden verlieren dadurch Geld. Einen Teil davon können sie aber zurückfordern.

Knapp 90 Millionen Lebensversicherungsverträge gibt es in Deutschland. Doch einige Kunden steigen weit vor Ablauf der Vertragszeit aus. Das Problem: Der Rückkaufswert fällt häufig gering aus, weil die Versicherungsnehmer mit den Prämien zunächst die Provisionen zahlen, bevor sie mit dem Sparen beginnen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nach Klagen der Verbraucherzentrale Hamburg in mehreren Fällen entschieden, dass die Versicherer zu wenig ausgezahlt haben (Az.: IV ZR 201/10 u.a.). Dabei ging es um Verträge, die vor 2008 abgeschlossen wurden. Für später abgeschlossene Verträge gelten gesetzliche Regeln zum Rückkaufswert.

Am Mittwoch (11. September) entschieden die obersten Richter, dass Versicherungen bei der Kündigung von Altverträgen wie bisher nur mindestens die Hälfte des Deckungskapitals auszahlen müssen. Kunden hatten unter Berufung auf eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2008 auch für ältere Verträge höhere Rückzahlungen gefordert (Az. IV ZR 17/13 u.a.). Unabhängig von diesem Fall haben viele Verbraucher mit Altverträgen Anspruch auf eine Nachzahlung. Antworten auf wichtige Fragen:

In welchen Fällen können Kunden mit einer Nachzahlung rechnen?

Grundsätzlich betreffen die früheren BGH-Urteile alle Verträge, die ab 1995 abgeschlossen und seither gekündigt oder beitragsfrei gestellt wurden. Laut BGH durften diese Verträge nicht mit einem Stornoabzug belastet werden. Außerdem haben die Kunden Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert. Der beträgt knapp die Hälfte der eingezahlten Beiträge. Die Urteile gelten auch für fondsgebundene Rentenpolicen.

Was müssen Kunden tun?

„Sie müssen selbst aktiv werden“, erklärt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Das heißt: Kunden sollten sich schriftlich an ihre Versicherung wenden und unter Berufung auf die BGH-Urteile eine Neuberechnung des Rückkaufswertes verlangen. Die Verbraucherzentrale hat dazu im Internet einen Musterbrief bereitgestellt. Viele Versicherer berufen sich aber auf Verjährung. Denn grundsätzlich verjähren Ansprüche nach drei Jahren. Wer seinen Vertrag bis 2009 gekündigt hat, muss damit rechnen, dass er leer ausgeht. „Einen Versuch ist es aber trotzdem Wert“, sagt Castelló.

Auf wie viel Geld können Kunden hoffen?

Laut BGH-Rechtsprechung haben Kunden Anspruch auf mindestens die Hälfte des eingezahlten Kapitals. Ein Beispiel: Pro Monat wurden 100 Euro Prämie gezahlt. Der Vertrag wurde nach 18 Monaten gekündigt. Der Rückkaufswert betrug 0 Euro, was in der Praxis durchaus vorkam. „Das ist zu wenig“, sagt Castelló. Der Kunde kann rund 900 Euro verlangen. Zusätzlich ist der Stornoabzug zu erstatten. Kunden, die ihre Ansprüche geltend machen, bekommen nach bisherigen Erfahrungen der Verbraucherschützer eine Nachzahlung von im Schnitt 733 Euro.

Welche Alternativen gibt es zur Kündigung?

Geraten Kunden in finanzielle Engpässe, müssen sie Lebensversicherungen nicht kündigen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft kann ein Vertrag auch beitragsfrei gestellt werden. Auch können die Beiträge gestundet werden oder der Vertrag gänzlich ruhen.