Burnout vorbeugen: Wie Azubis mit Stress umgehen

Essen/Berlin (dpa/tmn) - Wer mit einer Ausbildung beginnt, ist in der Regel bereit, sich besonders zu engagieren. Das freut den Chef, der dem Azubi gleich mehr Arbeit auflädt. Das kann schnell in ungesunden Stress ausarten.

Berufsanfänger sollten lernen, gegenzusteuern.

„Kannst Du das übernehmen? Und das hier bitte auch - das muss bis morgen früh erledigt sein.“ Solche Anfragen von Vorgesetzen oder älteren Kollegen werden gerade Auszubildende kaum ablehnen. Schließlich wollen sie einen guten Eindruck machen und von Anfang an zeigen, was in ihnen steckt. Kaum merklich dehnt sich der Arbeitstag immer weiter aus, die Zeit für Freunde und Hobbys wird immer knapper. Wer bei Stress nicht rechtzeitig gegensteuert, riskiert auszubrennen und psychisch zu erkranken.

„In der Regel trifft es diejenigen, die problemlösungsorientiert sind, die bei wachsenden Anforderungen noch aktiver werden und sich sagen, 'Das schaffe ich schon'“, sagt Prof. Wolfgang Senf von der Universität Duisburg-Essen. Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie umschreibt dieses Paradox als „Risiko des Gutseins“, das besonders Berufsanfängern zu schaffen mache. Wer permanent aufopferungsbereit sei, laufe Gefahr, vom Chef immer noch mehr draufgepackt zu bekommen - und sich irgendwann zu übernehmen.

„Unsere Erfahrung zeigt: Die Leidensfähigkeit von Auszubildenden ist recht hoch, bis sie sich Hilfe holen“, sagt auch René Rudolf, Bundesjugendsekretär beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. Dem DGB-Ausbildungsreport 2010 zufolge fühlen sich rund 22 Prozent derjenigen, die mit ihrer Ausbildung „unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“ sind, überfordert. Knapp 14 Prozent aller Befragten haben schon einmal eine Ausbildung abgebrochen. „Doch das kann nur der letzte Schritt sein“, mahnt Rudolf.

Wer merkt, dass die Arbeit im Leben immer mehr Raum einnimmt und er seine persönliche Bedürfnisse hinten anstellt, sollte wachsam sein. Kommen Symptome wie Rückzug aus dem sozialen Umfeld, Schlaflosigkeit, Minderwertigkeitsgefühle und Niedergeschlagenheit hinzu, ist es bis zur völligen Erschöpfung nicht mehr weit - häufig ist dann die Rede von Burnout. „Es kann phasenweise mal sein, dass man keine Zeit hat, Freunde zu treffen oder ins Kino zu gehen“, betont Senf. „Aber dann muss es auch wieder eine Zeit geben, in der man seine eigenen Bedürfnisse befriedigen kann.“

Dass das jungen Menschen immer schlechter gelingt, darauf deutet auch die steigende Zahl von Krankheitsfällen aufgrund psychischer Probleme hin. Laut dem aktuellen Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK haben sich diese bei jungen Erwachsenen in den vergangenen zwölf Jahren mehr als verdoppelt. Rund acht Prozent der Fehltage im Job bei den 20- bis 30-Jährigen beruhen auf psychischen Erkrankungen. Mindestens jeder Sechste verspürt immer wieder Stimmungsschwankungen und fühlt sich hilflos. Dieses Gefühl, dass manche Probleme unlösbar geworden sind und man nicht mehr in der Lage ist, einfachste Dinge zu erledigen: Auch das sind laut Senf typische Anzeichen für Burnout.

Am meisten gefährdet seien die sehr Engagierten, sagt auch Frank C. Blomeyer, Trainer und Autor aus dem zwischen Hamburg und Hannover gelegenen Bad Bodenteich. Bei ihnen hinke der Ausgleich von der Arbeit häufig hinterher. „Ich muss auch mal 'Nein' sagen und für mich sorgen.“ Es sei daher wichtig, das Leben so einzuteilen, dass es eine Zeitbalance hat. Die Freizeit muss fest verankert sein, und auch sie sollte man bewusst planen - das Ganze dürfe aber nicht in „Freizeitstress“ ausarten.

„Ich muss Zeitfenster haben, mich selbst herunterzufahren und abzuspannen“, erläutert Blomeyer. Sport zum Abschalten sei zwar gut, sollte dann aber nicht vom Leistungsgedanken bestimmt werden. Wer joggen geht, denke vorher lieber nicht darüber nach, welche Distanz er laufen will. Und auch die Pulsuhr sollte besser zu Hause bleiben.

Doch das alles hilft nichts, wenn das ursächliche Problem - Überlastung in der Ausbildung - nicht gelöst ist. Senf rät den Jobeinsteigern, sich untereinander zu solidarisieren. „Reden Sie darüber, wenn Ihnen immer mehr zugemutet wird. Ziehen Sie sich nicht zurück. Gehen Sie das Problem mit anderen zusammen an.“ Dazu gehöre allerdings auch, dass Führungskräfte erkennen, dass Leistungsfähigkeit eine wichtige Ressource ist, die nicht vergeudet werden sollte.

Literatur:

- Blomeyer, Frank C.: Burnout: Warum lässt Du Dich verheizen? Zeitenwende, 144 S., 14,80 Euro, ISBN 3934291619.

- Epp, Josef: Bevor ich auf der Strecke bleibe: Aus tiefen Quellen Kraft schöpfen, Kösel, 192 S., 14,99 Euro, ISBN 978-3-466370115.

- Schonert-Hirz, Sabine: Energie statt Stress!: Belastendes in Belebendes verwandeln. Kraftquellen aktivieren. - Burnout vorbeugen, Ariston, 272 S., 16,99 Euro, ISBN 978-3-424200386.