Dem Suppenkoma ruhig nachgeben - Mittagsschläfchen machen fit
Bamberg/Köln (dpa/tmn) - Fressstarre, Suppenkoma, Kantinentief: Die Trägheit nach dem Mittagessen hat viele Namen. Einfach weiterzuarbeiten, funktioniert zwar, richtig fit macht aber nur das Nachgeben.
Die Siesta ist gesund.
Ein Nickerchen nach dem Mittagessen erfrischt und bringt neuen Schwung für die zweite Tageshälfte. Darauf schwören Südländer seit jeher - die Siesta ist ihnen heilig. Auch in Amerika und Asien gehört das sogenannte Power-Napping vielerorts zum Alltag - nicht nur auf der heimischen Couch, sondern sogar im Büro. Selbst hierzulande findet der Mittagsschlaf immer mehr Anhänger.
Ein Mittagsschlaf ist ein kurzfristiges Erholungsmoment, eine wohltuende Pause im geschäftigen Alltag. „Entscheidend ist, dass Körper und Seele Entspannung erhalten, indem das ganze System heruntergefahren und Stressfaktoren abgebaut werden“, erläutert Prof. Göran Hajak, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Bamberger Klinikum am Michelsberg.
Schlafen reguliert das gestresste Nervensystem herunter. „Das bedeutet: Das Herz schlägt langsamer, die Atemfrequenz ist niedriger, der Blutdruck sinkt, die Körpertemperatur ebenfalls“, sagt Michael Stimpel, Professor für Innere Medizin an der Universität zu Köln.
Die offensichtlichste Wirkung des Schläfchens ist der Stressabbau: Man fühlt sich anschließend wieder leistungsfähig und fit, Konzentrationsvermögen und Reaktionszeiten sind verbessert. „Darüber hinaus ist Mittagsschlaf ein Beitrag zur Gesundheitsförderung insgesamt“, sagt Heidrun Holstein, Medizinerin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Karlsruhe. Er verweist auf eine Studie von Wissenschaftlern aus Athen und Boston aus dem Jahr 2007: „Wer regelmäßig Mittagsschlaf hält, hat ein deutlich geringeres Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben.“
Im Grundprogramm des Organismus ist der Mittagsschlaf angelegt. „Unser Körper funktioniert nach einem biphasischen Aktivitäts- und Ruherhythmus“, erklärt Schlafexperte Hajak. Der Mensch hat zwei Ruhephasen: eine in der Nacht und eine nach dem Mittagessen beziehungsweise nach der Mittagessenszeit.
Auch wenn Suppenkoma mittlerweile ein geflügeltes Wort ist - die mittägliche Mahlzeit selbst ist nicht die Ursache für die tageszeittypische Müdigkeit. Doch sie verstärkt das Gefühl der bleiernen Schwere. „Je mehr und je gehaltvoller man mittags isst, umso müder wird man“, sagt Stimpel. „Der Bauch braucht dann besonders viel Blut für die Verdauung. Gleichzeitig müssen Herz und Organismus mit Energie versorgt werden.“ Außerdem komme oft noch der Kraftaufwand zum Beispiel für eine berufliche Tätigkeit hinzu. „Diese Vielfachbelastung ist der Grund für die Müdigkeit.“
Power-Napper sollten sich ein bisschen vorbereiten: Der perfekte Platz für einen Mittagsschlaf sei ein abgedunkelter Raum mit einer bequemen Liege. Allerdings: „In deutschen Unternehmen sind Ruheräume leider noch eine Seltenheit“, sagt Stimpel. Berufstätige könnten sich aber auch leicht am Arbeitsplatz die richtigen Ruhebedingungen schaffen. „Das Handy kann ausgeschaltet, das Telefon auf einen Kollegen umgeleitet und die Tür geschlossen werden - am besten mit einem Schild 'Bitte nicht stören!'“
Während der Berufstätige solche Außensignale vorbereite, schalte er gleichzeitig seine innere Bereitschaftshaltung und Hab-Acht-Stellung ab. „Das ist eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt zur Ruhe kommen zu können“, sagt Holstein.
Genauso wichtig wie das Zur-Ruhe-Kommen sei das rechtzeitige Aufwachen. „Ideal ist eine Dauer von 15 bis maximal 30 Minuten“, rät Hajak. „Dauert der Mittagsschlaf länger, dann besteht die Gefahr, dass man sehr tief schläft.“ Das bringe den Tagesrhythmus durcheinander. Nach einem langen Mittagsschlaf könnten Berufstätige den Organismus nur schwer wieder aktivieren, fühlten sich schlapp. Außerdem kämen sie abends nicht so leicht zur Ruhe.