Die neue XXL-Republik

Die Deutschen werden größer und schwerer. Darauf müssen sich auch Unternehmen und Kliniken einstellen.

München. Eine siebte Person drängelt sich in den Fahrstuhl hinein. „Das geht schon“, mutmaßt einer im Aufzug. Stimmt aber oft nicht. Laut Hinweisschild ist das Maximalgewicht von 450 Kilogramm nun überschritten. Vor einigen Jahrzehnten wäre das noch nicht der Fall gewesen. Da wogen sieben Personen über den Daumen gepeilt nicht mehr als 450 Kilo. Heute schon. Die Aufzugbauer müssen ihre Produkte überdenken, damit in Zukunft genauso viele Menschen oben ankommen wie heute, sagt Tüv-Süd-Sprecher Thomas Oberst. „Besonders auf große Bürohäuser wird sich das in Zukunft auswirken.“

Die deutsche Wohlstandsgesellschaft hat Folgen: Der durchschnittliche Erwachsene wird größer und schwerer. Allein zwischen 1999 und 2009 nahm er um etwa 2,1 Kilogramm zu. Laut der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes 2009 wiegt ein Bundesbürger bei einer Größe von 1,72 Metern im Schnitt 75,6 Kilogramm. Viele Sicherheitsmaße verändern sich durch das zunehmende Gewicht. Institutionen und Firmen müssen reagieren.

Kliniken können das bestätigen. Am Adipositaszentrum des Universitätsklinikums Würzburg werden Spezialgeräte wie überdimensionale OP-Tische, extrabreite Betten und Hebebühnen eingesetzt, um die wachsende Zahl Schwergewichtiger zu behandeln. „Es werden immer mehr adipöse Patienten, ganz klar“, sagt Chirurg Christian Jurowich. Jeder Eingriff im Bauch werde deutlich komplizierter, wenn ein Patient sehr übergewichtig sei.

Auch die Flugzeugbranche hat reagiert. Airbus hat im A 320, seinem meistverkauften Mittelstreckenflieger, bereits breitere Sitze eingebaut. Pro Flugzeug sind je nach Ausstattung bis zu 60 der 180 Sitze extrabreit. Sie liegen allesamt am Gang und bieten nach Airbus-Angaben rund fünf Zentimeter mehr Platz als die knapp 46 Zentimeter breite Standardausführung.

Zunehmende Körpergröße und der Wunsch nach Bequemlichkeit stehen auch beim Autobau im Vordergrund. Die jüngere Generation werde immer größer, woraus resultiere, dass sie natürlich auch schwerer werde, sagt BMW-Sprecher Michael Rebstock. Es gebe deshalb in den vergangenen Jahrzehnten markenübergreifend eine Entwicklung: „Fakt ist, dass die Autos mit den Leuten mitgewachsen sind.“

Ähnliches berichtet Audi-Sprecher Armin Götz: „Jedes Auto wächst. Wir reagieren nicht direkt auf ein Dickerwerden der Leute, jedoch darauf, dass die Menschen pro Jahrzehnt eineinhalb Zentimeter größer werden.“ Darauf würden sich alle Hersteller einstellen.