Fast jeder Zweite geht trotz Krankheit zur Arbeit
Falsches Pflichtgefühl kann für den Betrieb teuer werden. Die Arbeitskraft ist vermindert, das Unfallrisiko steigt.
Gütersloh. 42 Prozent der Beschäftigten geben an, in den vergangenen zwölfMonaten zwei Mal oder öfter krank zur Arbeit gegangen zu sein. Immerhinnoch sieben Prozent nahmen sich für das Auskurieren einer KrankheitUrlaub. In dem Ende Oktober erscheinenden Gesundheitsmonitor derBertelsmann Stiftung werden nicht nur diese Zahlen veröffentlicht,sondern auch die Motive. Vor allem sind dies: Pflichtgefühl undRücksicht auf Kollegen.
Doch diese Opferbereitschaft - die Experten sprechen vonPräsentismus, weil der Beschäftigte zur Arbeit geht, obwohl ereigentlich wegbleiben sollte - kommt nur scheinbar dem Arbeitgeberzugute. Die Studie zeigt die Kehrseite eines solchen Verhaltens auf,mit dem der Einzelne nicht nur sich, sondern auch seinem Arbeitgeberund der Volkswirtschaft schaden kann: durch geringere Produktivität,aber auch durch erhöhte Gefahr, bei seiner Arbeit einen Schaden oderUnfall zu verursachen.
Die mögliche Ansteckung von Kollegen ist einweiterer Aspekt, der angesichts drohender Schweinegrippe und denkbarerSchließung ganzer Betriebsstätten eine Dimension erhält, die bei derStudie noch nicht einmal berücksichtigt wurde. Und: Durch einVerschleppen von Krankheiten steigere der Präsentismus dieWahrscheinlichkeit für einen künftigen Absentismus - dass derBeschäftigte später krankheitsbedingt für längere Zeit ausfällt.
Die Macher der Studie geben zu, dass die Kosten falschenPflichtgefühls nicht leicht zu kalkulieren sind. Wie soll man einenverhinderten Unfall, der einem kranken Arbeitnehmer unterlaufen könnte,beziffern? Man denke nur an den Fehler eines gehandicapten Fluglotsen.
Trotzdem wagen die Experten die These, dass die Kosten über denendes krankheitsbedingten Fernbleibens von der Arbeit liegen. Ein"gesunder" Umgang mit Krankheit liege daher im Interesse desUnternehmens und sei Führungsaufgabe.