Kaum „Halal“-Produkte in deutschen Supermärkten

Berlin (dpa) - Islam-konforme Lebensmittel gibt es meist nur im türkischen Laden an der Ecke. Die Zielgruppe wächst stetig, doch der deutsche Handel bleibt bei „Halal“-Ware skeptisch - noch.

Muslime werden in deutschen Supermärkten oft nicht fündig. Denn „Halal“-Lebensmittel - auch „Helal“ genannt - gibt es noch immer fast nur in türkischen und arabischen Geschäften. Diese Lebensmittel entsprechen den Anforderungen des Islam und enthalten unter anderem keine Spuren von Schweinefleisch oder Alkohol. Der deutsche Einzelhandel öffnet sich nur zögerlich. Dabei ließe sich mit „Halal“-Ware richtig Geld verdienen.

„Es ist nach wie vor ein Nischenmarkt, der sich sehr langsam entwickelt“, sagt Ulrike Hörchens vom Handelsverband. Aber hier verspiele der deutsche Einzelhandel ein großes Potenzial und vernachlässige eine wachsende Zielgruppe, findet die Chefin des Bundesverbandes des Türkischen Groß- und Einzelhandels (BTGE), Derya Altay. Denn die meisten Muslime würden „Halal“-Produkte auch im deutschen Supermarkt kaufen - wenn es sie denn dort gäbe.

Altay schätzt, dass 80 Prozent der etwa vier Millionen Muslime in Deutschland auf „Halal“-Lebensmittel Wert legen. Auf die sollte der deutsche Handel eingehen, fordert sie. Mit Islam-konformen Produkten würden in der EU jährlich immerhin rund 15 Milliarden Euro umgesetzt. Aus Frankreichs Supermärkten seien sie schon kaum mehr wegzudenken.

In Deutschland hätten die Produkte ein Imageproblem, sagt Altay. Bei „Halal“-Schlachtung dächten hierzulande viele an Tierquälerei. Früher seien die Tiere tatsächlich geschächtet worden - und hätten ohne Betäubung ausbluten müssen. Das gebe es in der Massenproduktion nicht mehr: „Das Tier wird heute vorher betäubt, so dass es nichts mitbekommt - das ist dann keine Tierquälerei mehr.“ Bei vielen deutschen Unternehmen bleibe aber die Angst, mit „Halal“-Produkten die nicht-muslimische Kundschaft zu vergraulen.

Einige deutsche Produzenten und Händler haben allerdings die Chance entdeckt, die aus Altays Sicht mit „Halal“-Ware verbunden ist. So produziert Haribo in der Türkei Gummibärchen mit Rindergelatine. Auch in manchen Edeka-Filialen können Muslime Islam-konform einkaufen. Dass „Halal“-Ware in deutschen Supermärkten rar sei, liege vor allem an der gut ausgebauten türkischen Infrastruktur, glaubt Andreas Laubig, Edeka-Sprecher der Region Minden-Hannover.

Eine Filiale in Bremen versucht, mit „Halal“-Ware Muslime anzulocken, die sonst hauptsächlich in türkischen Eckläden kaufen. „Das klappt ganz gut“, sagt Laubig. „Wir haben dadurch neue Kunden gewonnen und die halten wir jetzt auch.“ Die Lebensmittel bezieht die Filiale von einem türkischen Fachgroßhandel. Auch in den Metro-Großmärkten gibt es einige „Halal“-Produkte.

Als ein Problem gilt in der Branche die uneinheitliche Kennzeichnung. „Es gibt insgesamt etwa zehn Zertifizierungsstellen und kein einheitliches Siegel“, sagt Hörchens vom Handelsverband. Die Zertifizierer verdienten viel Geld und wollten ihr Geschäft vor Konkurrenten schützen, erklärt BTGE-Chefin Altay. Viele von ihnen behaupteten dann, nur Muslime könnten „Halal“-Zertifikate vergeben. Dem widerspricht Altay: „Ich persönlich würde mich eher auf einen deutschen Zertifizierer verlassen, weil ich einfach glaube, er würde es wirklich von A bis Z richtig durchführen, auch mit den ganzen Hygienevorschriften.“

Auch Yusuf Örs, Inhaber eines türkischen Ladens am Berliner Checkpoint Charlie, vertraut auf deutsche Qualität. Zwar hat er viele Produkte im Regal, die nicht in Deutschland hergestellt wurden - er würde das aber gern ändern. „Wenn sich deutsche Hersteller in diesem Bereich spezialisieren würden, dann würde ich die deutschen Produkte nehmen, aus qualitativen Gesichtspunkten.“ Mit Grauen erinnert er sich an Fälle von türkischen Imbissen, in deren Döner Schweinefleisch entdeckt wurde. Örs ist sicher: „Wenn bei deutschen Produkten draufsteht, dass da kein Schweinefleisch drin ist, dann ist das auch so.“