Nervige Nachbarn im Krankenbett

Viele Patienten hätten gerne ein Einzelzimmer. Nicht nur um Ruhe zu haben, sondern auch um eigene Peinlichkeiten zu verbergen.

Düsseldorf. "Ein Mehrbettzimmer im Krankenhaus hat Vor- und Nachteile", sagt Anton K.. Der 60-Jährige musste schon oft in verschiedenen Kliniken behandelt werden, ein Einzelzimmer hätte er sich bei manchem Zimmergenossen jedoch gewünscht - so wie bei dem Patienten, an den sich Anton K. noch sehr genau erinnern kann. "So etwas habe ich noch nie erlebt", erzählt er. "In das Drei-Bett-Zimmer, in dem ich lag, hat man einen Demenzkranken gelegt, der an eine Maschine angeschlossen war. Dieses Gerät machte permanent Geräusche, sodass ich in dieser Nacht gerade mal eine halbe Stunde schlafen konnte."

Hinzu kam, dass der neue Patient aufgrund seiner Krankheit nachts laut gesprochen hat. "Ihm ist kein Vorwurf zu machen, er kann ja nichts dafür", sagt Anton K., "aber das Personal darf seine Patienten nicht wahllos zusammenlegen. Schließlich wollen hier alle wieder gesund werden." In diesem Fall hatte Anton K. Glück. Er wurde am nächsten Morgen entlassen.

So wie ihm ergeht es vielen Krankenhauspatienten. Starke Nerven sind dabei von Vorteil - und das nicht nur nachts. Spätestens, wenn der Bettnachbar um 6 Uhr morgens den Fernseher einschaltet, Hygiene im Badezimmer für ihn eher ein Fremdwort ist oder jeden Tag Scharen von Bekannten und Freuden zu Besuch kommen, ist es mit der Ruhe vorbei.

Welche Erfahrungen Patienten im Krankenhaus gemacht haben, hat jetzt eine repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenversicherung DKV ergeben, für die insgesamt 1000 Menschen befragt wurden. Das Ergebnis: Knapp die Hälfte aller Patienten, die sich mit einem oder zwei Bettnachbarn das Zimmer teilten, fühlten sich in ihrer Nachtruhe gestört. Vor allem Frauen (48 Prozent) und junge Menschen (53 Prozent) hätten lieber alleine geschlafen. Auch Anton K. hätte manche Nacht lieber im Einzelzimmer verbracht.

Warum sich die Befragten beim Thema Schlaf besonders empfindlich zeigten, erklärt der Kölner Arzt und Gruppenpsychoanalytiker Dr. Peter Wachauf so: "Das liegt nicht nur daran, dass wir von den anderen manchmal gestört werden, zum Beispiel, wenn sie schnarchen. Viel wichtiger ist die Angst, wir könnten selbst in eine peinliche Situation geraten. Vielleicht fürchten wir, im Schlaf durch Unruhe andere zu stören oder im Traum etwas Unpassendes zu sagen. Im Schlaf können wir nicht kontrollieren, was wir tun und schlafen dadurch meistens nicht so tief wie im vertrauten Umfeld."

Peinlich wird es oft auch dann, wenn Schwester oder Pfleger unangenehme Behandlungen auf dem Zimmer durchführen oder der Arzt zur Visite kommt. Die Zimmernachbarn hören mit und erfahren so Einzelheiten über die Krankheiten des Patienten, die dieser vielleicht selbst nicht erzählt hätte. "Auch hier spielt die Angst vor der Peinlichkeit eine große Rolle", sagt Wachauf. Doch trotz aller Unannehmlichkeiten hat ein Mehrbettzimmer für Anton K. Vorteile: "Es ist nicht so langweilig, weil man mit dem Zimmernachbarn quatschen kann und nicht so isoliert ist."

Bei der Unabhängigen Patientenberatung in Köln ist die Intimsphäre im Krankenhaus zwar nicht das häufigste Thema, dennoch aber bekannt. "Es kommt durchaus vor, dass Patienten eine mangelnde Intimsphäre beklagen", berichtet Berater Ulrich Nieland und nennt einige Beispiele: "Wenn der Arzt am Bett über die Krankheit offen und laut redet oder bei Behandlungen die Tür nicht geschlossen wird."

Mit derartigen Problemen beschäftigen sich auch Patientenfürsprecher in Krankenhäusern und Kliniken, die ihrer Aufgabe meist ehrenamtlich nachgehen. Einer von ihnen ist Eckart Schubert. Der 71-jährige Pfarrer arbeitet seit 2000 als Patientenfürsprecher in der Tagesklinik für psychisch Kranke an der Alteburger Straße in Köln.

Solch eine "Beschwerdestelle", wie sie in der Tagesklinik Alteburger Straße ist, sind an Krankenhäusern und Kliniken in NRW mittlerweile Pflicht - zumindest ist dieser Punkt im Krankenhausgesetz NRW verankert.