Raucher leben gefährlich: Wettlauf mit Lungenkrebs

Rainer Kappes, Chefarzt der Lungenklinik im Florence Nightingale Krankenhaus, warnt vor dem Rauchen.

Düsseldorf. Rainer Kappes (63) wird am Mittwoch als Chef der Lungenklinik im Florence-Nightingale-Krankenhaus verabschiedet. Im Gespräch mit dieser Zeitung vergleicht er seine Tätigkeit mit der in einem Hamsterrad.

Wer in so einem Rad steckt, muss im Zweifel immer noch ein wenig schneller laufen, ohne je anzukommen. Als er 1982 als leitender Oberarzt in der Pneumologie anfing, waren es 840 Kranke pro Jahr. 2011 waren es 5500 stationäre und 3000 ambulante Patienten, Tendenz steigend. Die Raucherlunge steht im Vordergrund.

Vor 60 Jahren war es die Tuberkulose, die die Lungenkrankheiten anführte. Vor 30 bis 40 Jahren war es das HI-Virus, das die Lunge befiel. Heute gilt der Tabakkonsum als wichtigste Todesursache.

Kappes beschreibt die Anfangsphase: „Es wird massiv geraucht, Frauen tun es inzwischen mehr als Männer. Und sie werden immer jünger. Die Jugendlichen fühlen sich gesund und fit. Sie verspüren keinerlei Nebenwirkungen. Wer 20 Jahre alt ist, sieht keinen Grund, die Zigarette wegzulegen. Er fühlt sich unsterblich. Und er kann sich das Rauchen finanziell leisten.“

Anders sei die Situation 20 Jahre später. Hierzu Kappes: „Lungenkrebs tritt überwiegend ab dem 40. Lebensjahr auf. Dann merkt der Raucher, dass er die Treppe nicht mehr so gut steigen kann, dass er gelbe Zähne und eine faltige Haut hat. Vielleicht sind schon die ersten Freunde tot. Es sterben in Deutschland jedes Jahr knapp 40 000 Menschen an Lungenkrebs. Es ist die Nummer eins unter allen Krebserkrankungen.“

Leider sei die Früherkennung schlecht, weil die Lunge keine Schmerznerven hat. Ein Tumor könne wachsen, ohne dass man es spürt. Kappes: „Die Leute haben den typischen Raucherhusten, aber sie kommen erst sehr spät zum Arzt.“

Die Pneumologie am Florence-Nightingale-Krankenhaus betreut über 60 Prozent Krebspatienten. Es gibt eine Chance zum Überleben, aber sie liegt nur zwischen 15 und 18 Prozent. Manchmal sagte der Chefarzt drei bis vier Mal pro Tag einem seiner Kranken, er habe ein Karziom.

Bei einem Zwölf-Stunden-Arbeitstag habe er etwas Zeit abknapsen müssen, um sich abends zu den Betroffenen ans Bett zu setzen, denn eine Krebserkrankung sei mit extremen Ängsten verbunden. Er halte nichts von der zunehmend fabrikmäßigen Versorgung von Patienten nach dem pauschalisierenden Abrechnungssystem.

Das Rauchen führt zur Sucht, und die Erfolgschancen beim Entwöhnen liegen bei 20 bis 30 Prozent. An erster Stelle wertet Kappes den Willen des Rauchers, sich vom Tabak zu trennen. Das sei leichter gesagt als getan, denn Nikotin erreiche in wenigen Sekunden das Gehirn, wo es ein gewisses Glücksgefühl erzeuge.

Bei der Entwöhnung empfiehlt der Fachmann Nikotinpflaster, die das Nikotin in niedrigen Dosen zuführen, so dass die Gier nach dem Glimmstängel allmählich aufhört. Kappes schlägt eine Kombination mit einem Psychopharmakon (Zyban oder Champix) vor, das im Gehirn jene Zellen besetzt, die das oft unwiderstehliche Verlangen nach Nikotin produzieren.