Volkshochschulen setzen auf „Wohlfühl“-Trend

Frankfurt/Main (dpa) - Ob Tai Chi, Yoga, Atemmassage oder Ayurveda: Wellness- und Fitness-Kurse an Volkshochschulen sind angesagt. Die Teilnehmer sind oft vom Büroalltag gestresste und von Rückenschmerzen geplagte Menschen.

Im Hintergrund läuft leise Entspannungsmusik. Eine Mischung aus fernöstlichen und elektronischen Klängen. In Raum 5001 der Volkshochschule (VHS) Frankfurt ist ein Stuhlkreis aufgebaut. Mit sanfter Pädagogenstimme bittet die Anti-Stresstrainerin Franziska Meng ihre Teilnehmer, Platz zu nehmen. Vorstellungsrunde im Kurs 3203-01: „Kombiniertes Entspannungstraining“.

Kurse wie dieser liegen im Trend. Alles rund um das körperliche Wohlbefinden wie Massagetechniken, Yoga oder das Entspannungstraining ist gefragt. Wichtig sei für diese Kurse eine Wohlfühlatmosphäre, meint Christoph Köck, Geschäftsführer des Hessischen Volkshochschulverbandes. „Unser Wellness-Angebot bedeutet jedoch immer: Ich muss selbst was tun, um mich gesund zu fühlen“, erläutert Gertrud Ringelstetter von der VHS Frankfurt.

Statt entsprechend dem landläufigen Wellness-Begriff verwöhnt zu werden, lernen die VHS-Teilnehmer, wie sie sich im Alltag entspannen können. Mehr als 200 Wohlfühl-Kurse bieten allein die Volkshochschulen in Frankfurt an. Es sei kein Problem, diese Kurse auch voll zu bekommen, sagt Ringelstetter.

Die neun Teilnehmer vom „Kombinierten Entspannungstraining“ liegen mittlerweile auf Matratzen, über die sie eigene Decken und Kissen gelegt haben. Trainerin Franziska schaltet das Oberlicht aus. Nur ein einzelner Deckenfluter sorgt noch für ein wenig Licht. Es ist still. Die Antistress-Lehrerin liest mit leiser Stimme die Anweisungen: „Ich krümme meine Zehen und atme langsam ein ... “.

„Die innere Ruhe finden“, „besser mit Stress umgehen“, „endlich die Rücken- und Nackenschmerzen loswerden“, „den Bluthochdruck herunter bekommen“. Die Kursteilnehmer haben schon viel ausprobiert, um von ihren Zivilisationsleiden loszukommen: Yoga, QiGong, Zen-Mediation und die Feldenkrais-Bewegungslehre. Auch das kombinierte Entspannungstraining besuchen mehrere schon zum zweiten oder dritten Mal. Die sieben Frauen und zwei Männer arbeiten alle im Büro, fühlen sich dort gestresst, sind mit Rückenschmerzen geplagt. 75 Minuten in der Woche entfliehen sie dem Stress. Trainerin Franziska zeigt nun das Entspannen mit Musik. „Ich lasse die Musik durch mich strömen und atme tief ein... “.

Derartige Angebote werden auch in anderen Bundesländern immer beliebter. Der Volkshochschulverband Baden-Württemberg verzeichnet nach eigenen Angaben im Bereich Gesundheit die höchste Nachfrage. Mit steigender Tendenz: Waren es im Jahr 1999 rund 110 000 Unterrichtseinheiten pro Jahr, wuchs diese Zahl laut Verbandsinformationen im Jahr 2009 auf rund 175 000.

Antje von Rein von der Hamburger Volkshochschule bestätigt: „Die Nachfrage nach Wellness-Angeboten steigt seit langer Zeit.“ Das gelte insbesondere für Großstädte. Sowohl traditionelle Entspannungstechniken als auch Kurse zur Gesundheitsvorsorge, deren Kosten teilweise von den Krankenkassen übernommen werden, würden gut besucht. „Viele Leute wollen sich nicht mit einer langen Vertragslaufzeit im Fitnessstudio binden. Also besuchen sie einen VHS-Kurs.“

Das Wohlfühl-Angebot ist groß. Das Programm an der Hamburger Volkshochschule etwa reicht von „Klassikern“ wie Yoga, Pilates oder Wirbelsäulenfitness über „Kreative Stressbewältigung“ bis hin zur „Klangmassage“. Aber auch exotischere Angebote sind darunter, etwa das „Brasil-Workout“, bei dem sich die Teilnehmer durch das schnelle Schütteln kleiner Bälle fit halten.

Entscheidend für den Besuch eines VHS-Kurses sei auch oft der Preis, sagt Rita Herzenstiehl von der VHS Frankfurt. Im Gegensatz zu Fitnesscentern und Wellnessoasen kosteten diese an den Volkshochschulen viel weniger. Immer wichtiger sei den Teilnehmern zudem, dass der Unterricht in der Nähe zu ihrem Arbeitsplatz oder ihrer Wohnung stattfindet.