Ein Jahr nach der US-Ölpest: EU für schärfere Regeln

Brüssel/Grand Isle (dpa) - Ein Jahr nach dem Ölunglück vor der US-Küste will die EU-Kommission die Bestimmungen für Ölbohrunternehmen in europäischen Gewässern verschärfen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger will Mitte Juli entsprechende Gesetzespläne vorlegen, berichten „Welt„ und „Handelsblatt“.

Geplant sind demnach auch strengere Genehmigungsverfahren für die Zulassung von Bohrinseln. „Wir tun alles, damit sich Katastrophen wie jüngst in Fukushima oder vor einem Jahr im Golf von Mexiko in Europa nicht ereignen“, sagte Oettinger der „Welt“. Der Kommissar will laut dem Bericht die zurzeit geltende Zwölf-Meilen-Zone auf 200 Meilen ausweiten - damit würden sämtliche Bohrinseln in europäischen Gewässern unter die neuen Haftungsregeln fallen. Sie sehen vor, dass Ölfirmen zur Kasse gebeten werden, wenn die Tier- und Pflanzenwelt in Mitleidenschaft gezogen wird.

Zudem sollen Betreiberfirmen künftig ausreichend Haftungskapital nachweisen müssen. Auch kleinere Unfälle auf Ölbohrinseln sollen die Firmen künftig in einer Datenbank dokumentieren müssen.

Zudem will Brüssel sicherstellen, dass nur Ausrüstung zugelassen wird, die höchsten Sicherheitsstandards entspricht, wie es im „Handelsblatt“ heißt. Bestehende EU-Rechtsvorschriften über die Produktsicherheit beträfen derzeit nur fest am Meeresboden installierte Ölplattformen. Künftig sollen die Standards auch für bewegliche Offshore-Bohrinseln gelten. In der EU gibt es fast 900 Offshore-Anlagen.

Vor einem Jahr, am 20. April 2010, explodiert die vom BP-Konzern geleaste Bohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko, rund 80 Kilometer vor der Küste. Elf Arbeiter sterben. Es dauerte bis Juli, bis das Leck in 1500 Metern Tiefe provisorisch geschlossen war. Rund 780 Millionen Liter Rohöl liefen in den Golf, zeitweise wurde die rotbraune Brühe an mehr als tausend Kilometern Küste angeschwemmt. Hunderttausende Tiere starben - Fische, Pelikane, Schildkröten. Das Unglück wurde zur schlimmsten Ölpest der US-Geschichte.

Nach Meinung des Wettbewerbers Exxon hat der britische Energiekonzern BP nach der Katastrophe wertvolle Zeit vergeudet. BP habe nach der Explosion der Ölplattform technische Lösungen ausprobiert, die keine Erfolgschancen gehabt hätten, sagte Exxon-Vorstandschef Rex Tillerson der „Financial Times“.

Die Ingenieure bei Exxon hätten von Anfang an gewusst, dass der Versuch, eine Stahlkuppel zum Auffangen des ausströmenden Öls zu errichten, nicht funktionieren könne, sagte Tillerson. Die 13 Meter hohe Kuppel war für BP der „Plan A“. Drei Wochen nach der Katastrophe war das Unterfangen gescheitert.

„Ich glaube, es wurde einiges an Zeit verloren, indem man Alternativen verfolgte, von denen die meisten von uns glaubten, dass sie am Ende nicht erfolgreich sein würden“, sagte Tillerson der Zeitung. BP entgegnete, es wurde alles Menschenmögliche getan.

Ein Jahr nach Beginn der Ölpest sind erst 3,8 Milliarden Dollar (2,2 Milliarden Euro) an Entschädigungen ausgezahlt worden. Damit wurde der von BP eingerichtete und vom US-Regierungsbeauftragten Kenneth Feinberg verwaltete 20-Milliarden-Dollar-Kompensationsfonds bisher nur spärlich angezapft.

Bis zum vergangenen Montag wurden rund 857 000 Entschädigungsanträge von mehr als 500 000 Unternehmen und Privatpersonen eingereicht, berichtete der Sender CNN am Dienstag unter Berufung auf offizielle Angaben der Feinberg-Verwaltung. Etwa 300 000 Anträgen sei stattgegeben worden. Entschädigungen aus dem Fonds werden noch bis zum 23. August 2013 gezahlt.