Justiz verschont kleine Raubkopierer

Das Landgericht Krefeld verbietet die Weitergabe von Daten an Musik-Anwälte.

Düsseldorf. Gute Nachricht für Nutzer von Internet-Tauschbörsen: Das Landgericht Krefeld hat es der Staatsanwaltschaft untersagt, bei Ermittlungen wegen Urheberrechtsverletzungen in so genannten Filesharing-Plattformen Akten an die Anwälte der Musikindustrie weiterzugeben.

Das Gericht stellt in dem Beschluss (AZ: 21 AR 2/08) das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung über die Interessen der Musikindustrie - und bestätigte damit jetzt auch richterlich die neue Leitlinie der Generalstaatsanwälte in NRW.

Die hatten beschlossen, Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Tauschbörsen-Nutzer erst dann einzuleiten, wenn durch illegales Herunterladen von Musikstücken oder Filmen ein Schaden ab rund 3000 Euro entstanden ist.

Axel Stahl, Sprecher der Düsseldorfer Generalstatsanwaltschaft: "Dieser Schaden entsteht in der Regel beim illegalen Herunterladen von etwa 3000 Musikstücken oder 200 Kinofilmen. Das aktuelle Urteil des Landgerichts Krefeld liegt auf der Linie der Generalstaatsanwaltschaft und ist eine Bestätigung unserer Ansicht, Fälle unter der Geringfügigkeitsgrenze nicht strafrechtlich zu verfolgen."

Mit den neuen Vorgaben wollen die NRW-Generalstaatsanwälte eine Flut von zigtausenden Anzeigen aus der Musik- und Pornoindustrie eindämmen. Deren Anwälte hatten bislang für jeden einzelnen Fall illegaler Downloads Ermittlungen ausgelöst - und zwar im "deutlich fünfstelligen Bereich" seit Jahresbeginn, wie ein Sprecher des NRW-Justizministeriums bestätigte.

Den Anstoß zu der neuen Leitlinie hatten die Staatsanwaltschaften in Wuppertal und Duisburg gegeben: Sie hatten sich von den Anzeigenerstattern missbraucht gefühlt und sich geweigert, die Anzeigen zu verfolgen (wir berichteten).

Zwar verletze das Herunterladen von Daten wie Musik, Filme oder Computerspielen das Urheberrecht, dies sei aber keine gravierende Straftat. Den Rechte-Inhabern gehe es zumeist nicht um Strafverfolgung, sondern um die Namen der Nutzer, die sie dann für teure Abmahnungen verwenden.

Bestätigt durch das Krefelder Urteil sieht sich deshalb vor allem die Staatsanwaltschaft Wuppertal. "Es freut uns sehr, dass unsere Rechtsauffassung nunmehr diejenige ist, die in ganz Deutschland gilt", sagte gestern der Leiter der Wuppertaler Behörde, Helmut Schoss.

Für die Abmahn-Anwälte der Musik- und Filmindustrie wird es nun künftig noch schwerer, an Daten von Tauschbörsen-Nutzern zu kommen.