Unseriöse Werbung: Dem Lockvogel sollen die Flügel gestutzt werden
Die Verbraucherzentrale NRW richtet ein Internet-Forum für Kunden-Beschwerden ein
Düsseldorf. Lockvogel - das ist ein Köder, ein in einem Käfig festgehaltener Vogel, der mit seinem Gesang Artgenossen anlockt und so in die von Jägern gestellte Falle lockt. Auch im übertragenen Sinne steht der Begriff dafür, dass jemand in die Falle gelockt wird - der Verbraucher.
Beispiel: Ein Händler bewirbt per Anzeige ein Telefon für 49 Euro, doch nach kurzer Zeit ist der Vorrat bereits ausverkauft. Der Kunde, wo er nun mal im Laden ist, lässt sich überreden, dass er mit dem Modell für 99 Euro doch auch sehr gut bedient sei.
Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, bleibt im Lockvogel-Bild, wenn er nun ankündigt: "Wir wollen diesem Dauerärgernis die Flügel stutzen." Denn die Rechte verärgerter Kunden sind alles andere als befriedigend. Zwar haben Gerichte entschieden, dass Händler, die mit Sonderangeboten werben, diese auch eine angemessene Zeit in den Regalen haben müssen. Doch wird gegen diese Pflicht verstoßen, kann der Kunde dennoch nicht auf Lieferung bestehen.
Händler, die mit Lockvogel-angeboten werben, die Waren aber nach kurzer Zeit nicht mehr anbieten, verstoßen zwar gegen das Wettbewerbsrecht. Doch das hat allenfalls eine Abmahnung durch Verbraucherschützer oder Konkurrenten zur Folge. Und die Abmahnung bezieht sich dann auch nur auf den einen konkreten Fall. Verbraucherschutzexperte Wolfgang Schuldzinski macht das an einem Beispiel klar: "Preist etwa ein Händler Hähnchen für 99 Cent an und hält das Angebot nur kurze Zeit vor, so bezieht sich eine Abmahnung von uns als Verbraucherzentrale nur auf diese konkrete Aktion." Und das hindere den Händler nicht, in der kommenden Woche nach derselben Masche Kunden mit einem Hähnchenpreis von 95 Cent anzulocken.
Die Verbraucherzentrale NRW will nun klarere gesetzliche Regeln durchsetzen. Zum Beispiel eine Pflicht des Unternehmens, jedem Kunden das beworbene Produkt zum genannten Preis zu beschaffen. Zum anderen will man mit Hilfe verärgerter Kunden Beweise sammeln, um unseriöse Anbieter abzumahnen. Verbraucher sollen ihre konkreten Erfahrungen mit unlauterem Werbeverhalten im Internet-Forum der Verbraucherzentrale schildern. Wer kein Internet hat, kann seine Angaben bei einer der 54 Beratungsstellen der Verbraucherzentrale in der Datenbank erfassen lassen.
Ratsuchende Die Verbraucherzentrale NRW hat im vergangenen Jahr erstmals über eine Million Anfragen von Ratsuchenden gezählt. Ungebetene Werbung am Telefon, gestiegene Gaspreise und Kostenfallen im Internet brachten die Verbraucher besonders in Rage, berichtete Vorstandschef Klaus Müller bei der Jahresbilanz der Verbraucherzentrale in Düsseldorf. 3,8 Millionen Besucher wurden auf den Internet-Seiten der Verbraucherschützer gezählt.
Geldsorgen Trotz des Zuspruchs plagen die Verbraucherschützer Geldsorgen: Die Landeszuschüsse sanken in den vergangenen Jahren um mehr als 20 Prozent. Projekte mussten eingestellt, Mitarbeiter entlassen werden.
Geldquelle Die Verbraucherschützer wollen bei der Finanzierung ihrer Arbeit nun einen heiklen Weg gehen: Die Wirtschaft soll die Arbeit ihrer Kritiker und Kontrolleure mit Spenden finanzieren. Um eine Abhängigkeit zu vermeiden und die Neutralität zu wahren, soll das Geld in einen bundesweiten Fonds fließen, aus dessen Erträgen die Verbraucherarbeit künftig mitfinanziert werden soll.