Wenn Schwitzen zur Qual wird
Wer unter Hyperhidrose leidet, verliert oft ein Stück Lebensqualität. Doch die Krankheit lässt sich gut therapieren.
Düsseldorf. Schwitzen ist eine Art körpereigene Klimaanlage, die den Körper bei zu hohen Temperaturen abkühlt. Doch zu viel des Guten kann für die Betroffenen zur Qual werden. So war es auch bei Nicole Hasée.
Die 35-Jährige hatte vor sechs Jahren erstmals Probleme mit übermäßiger Schweißbildung - ein Beschwerdebild, das in der Medizin als Hyperhidrose bezeichnet wird. "Erst habe ich leicht an den Händen geschwitzt, später kamen auch die Achseln dazu", erzählt sie.
Im vergangenen Jahr wurde es an den Händen schließlich so schlimm, dass "der Schweiß regelrecht herunterfloss." Mittlerweile kann die Erzieherin mit ihrer Krankheit umgehen und erzählt offen: "Besonders unangenehm ist es, wenn ich jemandem die Hand geben muss."
Wie Nicole Hasée geht es vielen Menschen, für einige ist die übermäßige Schweißbildung jedoch ein Tabu-Thema. Die Krankheit wird vom normalen Schwitzen durch die Einteilung in Schweregrade abgegrenzt: Grad I liegt bereits bei feuchter Haut vor, der höchste Schweregrad III bezeichnet das Abtropfen von Schweißperlen. Diesen hat Nicole Hasée an den Händen erreicht, unter den Achseln stuften die Ärzte die Schweißbildung als Schweregrad II ein.
Viele Betroffene sprechen von einer extrem eingeschränkten Lebensqualität und einer großen seelischen Belastung, da die Scham durch Schweißflecken in der Kleidung und Schweißgeruch hoch ist. Wird das Privat- oder Berufsleben durch die Erkrankung beeinträchtigt, sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen. Hinzu kommt, dass übermäßige Schweißbildung Hautinfektionen durch Bakterien und Pilze begünstigt.
Dr. Sarah Grieb ist Assistenzärztin an der Universitäts-Hautklinik Düsseldorf. Gemeinsam mit Leiterin Prof. Daniela Bruch-Gerharz behandelt sie Patienten in der dortigen Hyperhidrose-Sprechstunde, die jährlich rund 250 bis 300 Patienten aufsuchen. "Zu uns kommen Menschen jeden Alters und aller Berufe. Häufig sehen wir Jugendliche in der Pubertät, für die das übermäßige, krankhafte Schwitzen eine besondere Einschränkung des Selbstwertgefühls bedeutet", sagt Grieb.
Menschen mit Hyperhidrose schwitzen unabhängig von äußeren Einflüssen, also auch im Winter. In Angst- und Stresssituationen kann das Schwitzen zusätzlich verstärkt werden. Und obwohl sich viele zunächst scheuen, einen Arzt aufzusuchen, sind sie hinterher doch erleichtert, endlich Hilfe zu erfahren.
Auch Nicole Hasée ist froh, ihre Krankheit endlich in den Griff bekommen zu haben. Nach mehreren Selbsthilfe-Versuchen mit Salbei-Tees und -Tabletten sowie speziellen Deodorants mit Aluminiumchlorid gab ihre Hausärztin die entscheidende Empfehlung: Der Besuch einer Hyperhidrose-Sprechstunde.
In NRW bieten mehrere Kliniken eine solche Sprechstunde an. Nicole Hasée hat sich für die Düsseldorfer Universitäts-Hautklinik entschieden. Die Anfahrt von Elsdorf bei Bergheim hat sie dafür gerne in Kauf genommen. "Ich bin sehr gut aufgenommen und über mögliche Therapien aufgeklärt worden", erzählt sie. Die behandelnde Ärztin, Sarah Grieb, empfahl ihr Botox-Spritzen, deren Wirkstoff die Ausschüttung eines bestimmten Botenstoffes der Nerven verhindert.
Diese Therapieform kommt aber erst dann zum Einsatz, wenn andere Therapien gegenüber der Hyperhidrose keinen Erfolg zeigen - wie bei Nicole Hasée. "Unser wichtigster Wirkstoff in der äußeren Anwendung ist Aluminiumchlorid, das meist als Deoroller angewendet wird. Schwitzen die Hände und Füße stark, wird oftmals einer Gleichstrombehandlung der Vorzug gegeben. Operationen stehen erst ganz am Ende der therapeutischen Möglichkeiten", sagt Grieb.
Die Schweißbildung unter den Achseln konnte bei Nicole Hasée erfolgreich behandelt werden. 25 Spritzen verabreichte Grieb ihr jeweils auf jeder Seite. "Die Schmerzen", sagt sie, "waren auszuhalten. Schon vier Tage später war ich trocken und bin es immer noch." Der Effekt hält laut Ärzten durchschnittlich drei bis sechs Monate. "Danach würde ich es wiederholen", ist sie sich sicher.
Viel schlimmer ist für die Erzieherin aber die Schweißbildung in den Handflächen. Diese Behandlung will Nicole Hasée schnellstmöglich hinter sich bringen, um anderen Menschen wieder bedenkenlos die Hand schütteln zu können.