Wildkräuter erobern die Küche
Aus Brennnessel, Schachtelhalm oder Giersch lassen sich schmackhafte und gesunde Gerichte zaubern.
Süderholz. Löwenzahn und Giersch, Brennnessel und Schachtelhalm, Gundermann und Vogelmiere - Hobbygärtner treiben diese Pflanzen zur Verzweiflung. Im vorpommerschen Süderholz hingegen werden die vermeintlichen Unkräuter gehegt und gepflegt.
Küchenchef Ralf Hiener und sein Kompagnon Olaf Schnelle betreiben hier "Essbare Landschaften". Die Wildkräuter, die sie auf einer Fläche von 2,5 Hektar kultivieren, verkaufen sie an Gourmetköche in aller Welt. Diese verwenden die Blättchen dann als Würzkraut, Salat oder Gemüse.
"Mein Lieblingskraut ist Giersch", erzählt Hiener. "Ich mag es besonders gern mariniert in Essig, Öl und Meersalz." Die knackigen Blätter liegen geschmacklich zwischen frischer Möhre und Petersilie. Damit harmonieren sie hervorragend mit Kartoffeln - etwa als Krönung der Suppe oder im Püree.
Ähnlich vielseitig ist die Brennnessel. "Sie hat ein feines, nussiges Aroma und enthält dieselben wertvollen Inhaltsstoffe wie Spinat - nur in zehnfacher Menge", erläutert Jean-Marie Dumaine, Sternekoch und Chef des Restaurants "Vieux Sinzig".
Die einfachste Form der Brennnessel-Zubereitung entspricht der von Spinat. "Die Blätter werden kurz mit einer Schalotte in reichlich Butter gedünstet und mit Sahne angegossen", erklärt Hiener. Das Gemüse wird dann wie Spinat serviert, etwa zum Spiegelei oder zum Fisch.
Eleonore Gliewe, Inhaberin des "Wildkräuter-Catering" in Wölsickendorf in Brandenburg schwört vor allem auf rohe Brennnesseln.
"Die jungen Triebe und zarten Blätter machen sich wunderbar im Salat." Damit die garstigen Härchen nicht auf der Zunge oder am Gaumen brennen, sollten die Blätter allerdings vor der Zubereitung in ein Tuch eingeschlagen und mit einem Wallholz gewalzt werden.
Auch die Vogelmiere ist ein richtiger Alleskönner: Die kleinen, fleischigen, tiefgrünen Blätter schmecken wie junger Mais. Aus ihnen lassen sich leckere Salate oder Pasten, aber auch eine köstliche Suppe oder ein ungewöhnliches Milcheis zubereiten.
Bei aller Begeisterung für die Aromenvielfalt - woher bekommen Hobbyköche nun Wildkräuter? Giersch, Brennnessel oder Löwenzahn finden sich in manch einem Hausgarten. Ausgefallenere Kräuter hingegen müssen gesammelt werden.
"Gute Standorte sind geschützte, nicht befahrene oder begangene Stellen am Wald- oder Wegrand und auf Wiesen", sagt Gliewe. Damit der Bestand erhalten bleibt, sollten nur die Teile der Pflanze abgeschnitten werden, die benötigt werden.
Wem die Kräutersuche zu aufwendig oder zu unsicher ist, der kann die Aromaschätze auch kaufen - auf dem Markt, in gut sortierten Lebensmittelläden oder online. Es gibt sie gewaschen und geputzt, als Saatgut für die eigene Anzucht oder als Topfpflanze.
Wildkräuter werden am besten ganz frisch verarbeitet. Größere Mengen können getrocknet, tiefgefroren, in Essig oder Öl eingelegt oder zu Pesto verarbeitet werden.