Ägypten: Was Reisende jetzt wissen sollten

Hannover (dpa/tmn) - Aufgrund der anhaltenden Unruhen haben etliche deutsche Reiseveranstalter ihre Ägypten-Reisen bis Mitte Februar abgesagt. Experten erklären, welche Folgen das für Urlauber hat.

Rückzahlung: Touristen, die einen Pauschalurlaub im Land der Pyramiden bereits gebucht hatten, haben nun keinen Anspruch mehr darauf, dorthin geflogen zu werden. „Die Veranstalter müssen allerdings den vollen Reisepreis zurückzahlen, wenn sie den Reisevertrag kündigen“, erklärte Paul Degott, Fachanwalt für Reiserecht in Hannover, am Dienstag (1.2.). Die Entscheidung der Reisebranche folgte auf eine erneute Verschärfung der Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes. Es rät wegen der anhaltenden Unruhen „dringend“ von allen Reisen nach Ägypten ab. Das gilt auch für die großen Touristenzentren am Roten Meer.

Umbuchung: Vor allem größere Reiseveranstalter nutzen in solchen Fällen die Möglichkeit, den Kunden Umbuchungen anzubieten. Das heißt: Wer eine Reise ans Rote Meer mit einem Abflugtermin in den kommenden Tagen gebucht hatte, weicht auf einen deutlich späteren Zeitpunkt oder auf ein anderes Reiseziel wie die Kanarischen Inseln aus. Umbuchungen bieten die Veranstalter auch über den Zeitraum ihrer Absagen hinaus an, in der Regel bis Ende Februar.

Mehrkosten: Wenn das Hotel am neuen Zielort zum Beispiel einen Stern mehr hat und mehr kostet, kann der Veranstalter grundsätzlich auf diesen Mehrkosten bestehen: „Wenn der alte Reisevertrag gekündigt wurde, gibt es ein neues Vertragsangebot“, erläuterte Degott. „Der Veranstalter kann dann zum Beispiel 400 Euro mehr verlangen. Und der Kunde muss dann überlegen: Will er das oder will er das nicht?“

Kleinere Veranstalter hätten die Möglichkeit, Umbuchungen anzubieten, oft nicht, sagte Degott. „Wer bei einem Kleinen gebucht hat, hat natürlich die gleichen Rechte“, ergänzte Beate Wagner, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Aber es wird möglicherweise schwieriger, sie durchzusetzen.“

Reiserecht: Die Veranstalter sagen ihre Ägypten-Reisen mit Berufung auf „höhere Gewalt“ ab. Allerdings hat das Auswärtige Amt keine formale Reisewarnung für Ägypten ausgesprochen, die in der Reisebranche oft als Voraussetzung genannt wird. Das Recht, den Reisevertrag wegen „höherer Gewalt“ zu kündigen, hänge allerdings entgegen der weit verbreiteten Ansicht auch gar nicht von einer solchen Reisewarnung ab, erläuterte Beate Wagner. „Reisewarnungen sind äußerst selten.“ Sie werden nach Angaben des Auswärtigen Amtes ausgesprochen, wenn „eine akute Gefahr für Leib und Leben besteht“. Deutsche, die in dem betroffenen Land leben, werden dann zur Ausreise aufgefordert.

Ob „höhere Gewalt“ vorliegt, habe aber nicht das Auswärtige Amt zu entscheiden - „das entscheiden im Zweifelsfall die Gerichte“, sagte Wagner. Prinzipiell sei höhere Gewalt gegeben, wenn ein unerwartetes, bei der Buchung der Reise noch nicht absehbares Ereignis, zum Beispiel eine Naturkatastrophe, einen Urlaub zu vereiteln droht. Bei der Einschätzung darüber seien die Aussagen des Auswärtigen Amtes allerdings eine Orientierungshilfe. Nach Wagners Ansicht war bereits der Sicherheitshinweis des Ministeriums vom Montag (31. Januar), in dem von Reisen nach Ägypten „abgeraten“ wurde, als Hinweis auf das Vorliegen von höherer Gewalt zu werten.

Stornokosten: Hat der Veranstalter von sich aus den Vertrag gekündigt, werden keine Stornokosten fällig. Kleinere und mittlere Anbieter verlangten jedoch „aus Angst vor ihrem Ruin“ Stornokosten, ist die Beobachtung des Reiserechtlers Prof. Ernst Führich von der Hochschule Kempten. Solche Kunden seien nun in einer schwierigen Lage, erklärte Beate Wagner: „Wollen sie die Reise nicht antreten, müssen sie den Reisevertrag von sich aus kündigen und sich auf höhere Gewalt berufen.“ Wenn sich der Veranstalter nicht darauf einlässt, bleibe dem Kunden oft nur eine Klage.

Häufig geht es um etliche hundert Euro. In der Regel sei davon auszugehen, dass Kunden bei Pauschalreisen rund vier Wochen vor der Abreise den vollen Preis bereits gezahlt haben, sagt Wagner. Bei einem unmittelbar bevorstehenden Abflug könnten die Stornokosten durchaus 80 oder 85 Prozent des Reisepreises betragen. Der Veranstalter zahle dann entsprechend nur 15 oder 20 Prozent zurück. Für den Löwenanteil des Reisepreises müsste der Kunde vor Gericht ziehen. „Vielleicht reicht es auch schon, zunächst über einen Rechtsanwalt das restliche Geld zu verlangen“, so die Juristin.

Individualreisende: Viele Individualreisende können ihre Flüge nach Ägypten in den kommenden Tagen kostenlos umbuchen. Zahlreiche Fluggesellschaften bieten nach eigenen Angaben entsprechende Kulanzregeln an, die sich aber im Detail unterscheiden. So können Nur-Flug-Kunden von Condor und Tuifly bis 28. Februar gebührenfrei auf ein anderes Ziel umbuchen oder ihren Flug stornieren. Air Berlin bietet Stornos für Flüge bis 14. Februar und kostenlose Umbuchungen ebenfalls bis 28. Februar. Lufthansa-Kunden können ihren Flug bis zum 15. Februar gratis umbuchen. Gebührenfreies Stornieren sei nur möglich, wenn ein Flug gar nicht stattfindet.

Solange noch Flüge zu Zielen in Ägypten angeboten werden, haben Individualreisende allerdings keinen rechtlichen Anspruch auf eine kostenlose Umbuchung oder Stornierung, erklärt Paul Degott, Anwalt für Reiserecht aus Hannover. Solche Flugpassagiere, zu denen viele Geschäftsreisende gehören, seien auf Kulanz der Fluggesellschaften angewiesen. Denn nach dem Kauf nur eines Flugtickets sei die Frage entscheidend, ob die Flüge stattfinden können - „was die Leute am Zielort machen, spielt keine Rolle“, anders als bei Pauschalreisen.

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