100 Jahre Hollywood: Ein Besuch in der Traumfabrik

Los Angeles (dpa/tmn) - Seit 100 Jahren ist Hollywood nun die Traumfabrik der Welt. Doch wer sie aufsucht, dessen Träume platzen allzu oft. Es ist nicht einfach, ein Stück vom Glamour und Mythos zu erhaschen - aber möglich.

Jens ist frustriert: „Jetzt sind wir extra nach hier oben gefahren, aber so ein richtig gutes Bild mit dem Hollywood-Sign als Hintergrund kriegt man einfach nicht hin“, klagt der Urlauber aus Hannover. „Die Buchstaben sind einfach zu weit weg und Du bist zu nah dran“, sagt er zu seiner Verlobten Ines.

Ines und Jens haben das gleiche Problem wie Millionen andere Touristen aus aller Welt. Sie sind auf der Suche nach dem Hollywood-Gefühl, wollen einen Traumfabrik-Moment aus Los Angeles nach Hause mitnehmen, 100 Jahre nachdem hier das erste Filmstudio eröffnete, die Nestor Motion Picture Company. Und das ist gar nicht so einfach.

„Gestern Abend wollten wir ein Foto vom Beachwood Drive aus machen. Unsere Freunde waren schon mal hier, hatten uns den Tipp gegeben. Wer ahnt denn schon, dass die das Ding nachts nicht anstrahlen?“, sagt Ines leicht entrüstet. „Na wenigstens stimmt die Aussicht hier oben, und das Gebäude sieht auch klasse aus“, sagt Jens mit einem Schulterzucken und setzt seine Sonnenbrille wieder auf.

Mit „hier oben“ meint er das Griffith Observatory, das im gleichnamigen Park in den Hollywood Hills thront, 300 Meter oberhalb von Los Angeles. Von seinen Terrassen hat man den wahrscheinlich besten Blick auf den berühmten Hollywood-Schriftzug, an klaren Tagen kann man über ganz L.A. bis zum Ozean schauen.

Der beeindruckende Kuppelbau im Stil des Art Déco wurde 1935 fertiggestellt, mitten in Hollywoods „Golden Years“. Er stand und steht bis heute Kulisse für viele Filme. James Dean hat hier gedreht, für „...denn sie wissen nicht, was sie tun“, seinen vorletzten Film. In James Camerons „Terminator“ mit Arnold Schwarzenegger ist das Observatorium genauso zu sehen wie in „Drei Engel für Charlie - Volle Power“ und in „Transformers“. Ines und Jens haben mittlerweile eine asiatische USA-Touristin gebeten, ein Bild von ihnen beiden vor dem Observatorium zu machen. „Das ist ein schönes Erinnerungsfoto. Der Hollywood Boulevard war ja nicht so toll“, sagen die beiden. „Total zugebaut und reichlich unglamourös. Alles voller Geschäfte.“

„Ich kann schon verstehen, dass viele Leute enttäuscht sind, wenn sie den Boulevard sehen, ging mir genauso“, sagt Salman. Der Filmstudent versucht rings um das Kodak Theatre, in dem seit der Eröffnung 2001 die Oscars vergeben werden, Touristen in die Kleinbusse der Touranbieter zu lotsen. „Richtig sehenswert ist hier nur das Grauman's“, sagt er. Das 1927 eröffnete Grauman's Chinese Theatre ist ein typischer Vertreter des Trends, der im Hollywood der 20er Jahre äußerst beliebt war: Ethno-Kitsch. Es liegt direkt neben dem Kodak Theatre, nahe der Kreuzung Hollywood Boulevard und Highland Avenue. Der Haupteingang sieht so aus, wie sich damals wohl Hollywoods Kulissenbauer eine chinesische Pagode vorgestellt haben.

Davor haben viele Hollywood-Stars seit den 20er Jahren ihre Hände oder Füße in den noch weichen Beton gedrückt. Geführte Touren durch das Chinese Theatre gewähren täglich den Blick hinter die Kulissen, die Teilnehmer sehen für ihr Geld allerdings wenig Aufregendes.

Viel weniger bekannt ist das Grauman's Egyptian Theatre, der Vorgänger des Chinese Theatre. Vielen Touristen bleibt dieses Juwel des Hollywoods der 20er verborgen - obwohl es nur fünf Minuten vom Chinese entfernt ist. Zu Fuß, eine Seltenheit in Los Angeles.

Das Egyptian wurde 1922 eröffnet, sein Erfolg machte den Bau des Chinese erst möglich. In seinem mehr als 2000 Zuschauer fassenden großen Saal wurde die allererste Hollywoodpremiere gegeben. Leider existiert der Saal nicht mehr. Der Stil ist, wie der Name schon sagt, „ägyptisch“, mit reichlich Hieroglyphen an den Wänden.

Sowohl im Chinese Theatre als auch im Egyptian Theatre werden weiterhin Filme vorgeführt; im Chinese Blockbuster-Premieren mit Rotem Teppich und Starpräsenz, im Egyptian Raritäten und Sondervorführungen, oftmals in Anwesenheit von Schauspielern oder Filmschaffenden und mit anschließender Fragerunde. Die American Cinematheque hat noch ein zweites Kino für solche Veranstaltungen, das Aero Theatre, fast 20 Kilometer entfernt in Santa Monica.

Das Aero Theatre ist ein Kind der 40er Jahre, ein Kino, wie man es in unzähligen Filmen gesehen hat: Kassenhäuschen, Neonschrift und eine beleuchtete Anzeige über dem Eingang, bei der die Buchstaben des Filmtitels per Hand angebracht werden. Und wer auf der Suche nach den Stars von heute ist, hat mit dem Aero die richtige Adresse gefunden.

Kürzlich gab es hier eine Sondervorführung des hochgelobten Films „The King's Speech“ zu sehen. Anschließend konnten die Zuschauer mit den Hauptdarstellern Colin Firth, der für seine Rolle als Englands König George VI. den Oscar erhielt, und Helena Bonham Carter sprechen. Und auch nach dem gepriesenen Balettdrama „Black Swan“ stellte sich Regisseur Darren Aronofsky den Fragen der Zuschauer. Näher können Besucher der Traumfabrik nicht kommen.