Alpenhütten unter Denkmalschutz

Innsbruck/München (dpa) - Im Tal gibt es oft nichts mehr zu retten. Deshalb gehen die Tiroler Denkmalpfleger hoch hinaus und stellen Alpenvereinshütten unter Schutz. In Bayern ist man noch nicht so weit.

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Drei Stunden Fußmarsch braucht es vom hintersten Ende des Zillertales bis hinauf zur Berliner Hütte. In Gesellschaft mächtiger Dreitausender präsentiert sich auf einer Hochfläche eine der schönsten Schutzhütten des Alpenraumes. Eigentlich weniger „Hütte“ als ein Grandhotel in den Bergen - mit einem atemberaubend großzügigen, von achteckigen Holzsäulen unterteilten Speisesaal und einer majestätischen Eingangshalle.

Als erste alpines Refugium Österreichs steht die Berliner Hütte seit 1997 unter Denkmalschutz, sowohl die bauliche Gestalt als auch die historische Innenausstattung dürfen ohne Genehmigung nicht mehr verändert werden. Die 1879 als karge Bergsteigerunterkunft errichtete und zuletzt 1910/1911 von der Berliner Sektion des damaligen Deutsch-Österreichischen Alpenvereins im Jahrhundertwendestil ausgebaute Hütte dokumentiere „in architektonisch herausragender Weise die Erschließung der Tiroler Alpen durch Vereine im ausgehenden 19. Jahrhundert“, heißt es im Bescheid der Denkmalpfleger.

Die Berliner Hütte ist Vorbild für eine Kampagne, die vom Tiroler Landesdenkmalamt 2009 in Angriff genommen wurde, um wenigstens oberhalb der Baumgrenze zu retten, was noch zu retten ist. Unten im Tal ist längst alles zugebaut. „Wir flüchten nach oben, da ist der Frust geringer“, kalauert Walter Hauser, stellvertretender Landeskonservator in Tirol. Zusammen mit seiner Kollegin Michaela Frick hat er rund 300 alpine Schutzhütten in Nord- und Osttirol auf ihre Denkmalwürdigkeit untersucht.

50 von ihnen wurden bereits in die engere Wahl genommen. Bislang liegt erst für eine Handvoll Tiroler Hütten ein rechtskräftiger Bescheid des Wiener Bundesdenkmalamtes vor, nach Ende der Kampagne sollen es in Tirol an die 30 denkmalgeschützte Bergrefugien geben. Andere Regionen in den deutschsprachigen Alpen sind noch nicht soweit. In der Steiermark und in Südtirol gibt es jeweils noch zwei „ Denkmalschutzhütten“, in Bayern dagegen bislang gar keine.

Zeit zu verlieren haben die Denkmalpfleger nicht. „Der Veränderungsdruck ist sehr groß“, sagt Hauser. Viele Hütten sind in die Jahre gekommen und müssen renoviert oder sogar abgerissen und neu gebaut werden, um den immer schärferen Anforderungen an Brand- und Umweltschutz zu genügen. Außerdem haben sich die Wünsche der Gäste gewandelt. Mit einem kalten Brunnen vor der Hüttentür oder einem Massenlager geben sich immer weniger Bergsteiger zufrieden. Der Deutsche Alpenverein (DAV) investiert allein dieses Jahr rund zehn Millionen Euro, um seine Hütten auf Vordermann zu bringen.

In der Berliner Hütte sind es neben den imposanten Gemeinschaftsräumen die vielen, kleinen Details, die den authentischen Charakter der Hütte ausmachen. Etwa das Schild über der Rezeption mit der Aufforderung: „Die Schlafgelder sind abends bei der Kasse zu bezahlen.“ Oder die unscheinbaren Klingelknöpfe in den Doppelzimmern. „Die Hütte hatte früher sogar einen Zimmerservice, den man herbeiklingeln konnte“, erläutert die Hüttenwirtin. Viele Bergtouristen von einst waren feine, vermögende Städter, die auf ihren gewohnten Komfort nicht verzichten wollten.

Nicht alle denkmalwürdigen Berghütten sind so mondän ausgestattet wie die Berliner Hütte. So steht die seit 2011 geschützte Alte Prager Hütte im Nationalpark Hohe Tauern, fertiggestellt im Jahre 1873, für den Typus der einfachen Bergsteigerunterkunft aus der Pionierzeit des Alpentourismus - eingeschossig mit kleiner Stube, Küche und Pritschenlager unter dem Satteldach. In der 1923 eröffneten, etwas großzügigeren Falkenhütte im Karwendelgebirge begeistert die Experten vor allem die weitgehend erhaltene Innenausstattung mit einem gemalten Wandfries in der gemütlichen Gaststube, der bukolische Szenen zeigt.

Auf Seiten der Alpenvereine hielt sich die Begeisterung über den Eifer der Denkmalschützer zumindest anfangs in Grenzen. „Es gab große Ängste, dass Veränderungen nicht mehr möglich seien und jede Baumaßnahme sehr viel teurer werden könnte“, sagt Robert Kolbitsch, der beim DAV in München für die Hütten zuständig ist. „Doch mittlerweile sehen wir das sehr gelassen.“ Es habe sich nämlich gezeigt, dass man mit den amtlichen Denkmalschützern gut reden könne. Außerdem biete das Schutzlabel eine Handhabe gegen möglicherweise „überzogene“ Behördenauflagen, etwa beim Brand- oder Arbeitsschutz.

Denkmalpfleger Walter Hauser attestiert den Alpenvereinen zwar ein gewachsenes Bewusstsein für die kulturelle Bedeutung von Schutzhütten. Doch nach wie vor müsse Überzeugungsarbeit geleistet werden. „Oft wird viel Geld in Hightech-Anlagen gesteckt, aber wenn die Tür kaputt geht, holt man sich die erstbeste Tür vom Baumarkt.“

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