Auf Sonnenkönigs-Fährte: Zu Pferde in der Ile-de-France

Paris (dpa/tmn) - Fast jeder kennt Paris, nicht aber seine Umgebung: die Ile-de-France. Ein Ritt zu Pferde dort ist eine Reise vom bekannten ins unbekannte Frankreich, eine Reise zwischen heute und gestern.

Der Sonnenkönig liebte feurige Pferde. Im Garten des Schlosses Versailles startete Ludwig XIV. seine Ausritte und Jagden. Und so ist es heute ein königliches Vergnügen, in den barocken Schlosspark des 17. Jahrhunderts einzureiten und sich dem Château de Versailles zu Pferde zu nähern - mit dem Sattelblick auf den Palast der Superlative.

Versailles vor den Toren von Paris zog im vergangenen Jahr fast sechs Millionen Besucher an. Die wenigsten Gäste kamen angeritten. Da klicken also sofort die Fotoapparate, als die Reitergruppe vor dem Schlosseingang die Bronzestatue Ludwigs XIV. passiert. Der Sonnenkönig hoch zu Ross. Dennoch braucht es heutzutage viel Fantasie, sich vorzustellen, dass zu seiner Zeit 5000 Pferde in Versailles lebten.

Und im nahe gelegenen Tal von Chevreuse bedarf es noch mehr Vorstellungskraft beim Gedanken, dass die Millionenstadt Paris weniger als eine Autostunde entfernt ist. Stundenlang reitet die Gruppe tief in den Wald hinein. Nicht eine Menschenseele zeigt sich an diesem Tag.

Ähnlich ist es am nächsten Tag des einwöchigen Wanderrittes im Forêt de Rambouillet. Der Wald wirkt hell und licht, nicht dunkel und beängstigend, wie mancher dichte, deutsche Nadelwald, aber tatsächlich einsam - und das gerade einmal 60 Kilometer von Paris entfernt.

Mit dem Pferd, dem Transportmittel von einst, folgen die Reittouristen von heute den Spuren der französischen Vergangenheit und entdecken deren Relikte. Wie die mittelalterliche Abbaye des Vaux de Cernay, eine gotische Zisterzienser-Abtei aus dem Hochmittelalter, heute ein edles Landhotel.

Die Pferde machen ruhig und zuverlässig ihre Arbeit. Ihnen ist der gewohnte Rhythmus wichtig: morgens los, mehrere Stunden unterwegs sein. Schritt, Trab, Galopp. Mittags eine lange Pause, Fressen und Ausruhen, wenn die Reiter zu Fuß auf Schlossbesichtigung sind. Am Nachmittag wieder weiter - auf Sand-, Wald- und Wiesenwegen.

Alltag für ein professionelles Wanderreitpferd. „Meine Pferde sind das ganze Jahr unterwegs“, erklärt Rittführer Pierrot Chemineau vom Wanderreitstall Les Abrons. Auch die Reiter verinnerlichen den Rhythmus des Reisens zu Pferde. Voyager à cheval bedeutet: Zeit zum Schauen, Luft zum Atmen und Vertrauen zum Pferd haben.

Am Ende der Reise zu Pferde durch die Ile-de-France erreichen die Reiter das Schloss Vaux-le-Vicomte, auch das „kleine Versailles“ genannt, weil es Vorbild für das eigentliche Schloss Versailles war. „Vier Jahre habe ich für die Genehmigung gebraucht, um in diesen Schlosspark einreiten zu dürfen“, erklärt Rittführer Pierrot ein bisschen stolz, als er seine Gruppe durch den ältesten Barockgarten Frankreichs leitet.

Die Gestaltung von Garten und Schloss ist so außergewöhnlich, dass Ludwig XIV. bei einem Besuch tief beeindruckt, dieselben Gartenarchitekten, Baumeister und Maler mit der Schaffung von Versailles beauftragte. So schließt sich der Kreis der Geschichte und auch des Rittes. Als die Reiter am Abend das Schloss im Schein von 2000 Kerzen erkunden, haben sich die Pferde längst der verdienten Nachtruhe hingeben.

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