Bergwerk Wieliczka: Im Reich der glühenden Salzmänner

Krakau (dpa/tmn) - Das Bergwerk Wieliczka ist von Krakau aus leicht zu erreichen. Bergleute gibt es in der ältesten Salzmine Europas nicht mehr. Dafür umso mehr Touristen: Rund eine Millionen Besucher tauchen jedes Jahr ab in das Salzlabyrinth tief unter der Erde.

Die Heiligenfiguren erinnern an kleine Zwerge, sie passen gut in ein Bergwerk. Im fahlen Licht sehen die Männer grau und hart aus, angestrahlt erscheinen sie leicht durchsichtig, so als glühten sie von innen heraus. Das hat einen Grund: Sie sind aus Kristallsalz. Salz konserviert hier unten sogar Holz. „Ich glaube, wir werden nach zwei Stunden auch konserviert sein“, sagt Stanislav Dzidek. Das sagt er vermutlich immer, und er weiß es besser. Der 53-Jährige führt täglich mehrere Touristengruppen durch die alte Salzmine Wieliczka, ungefähr 15 Kilometer vor den Toren Krakaus.

Um das Jahr 1275 habe man hier mit dem Abbau von Steinsalz begonnen, berichtet Dzidek. Die Salzmine von Wieliczka ist eine der ältesten Europas. Bereits seit 1718 ist das Bergwerk zu besichtigen, und schon einige berühmte Persönlichkeiten seien hier gewesen: Balzac, Chopin und Goethe zum Beispiel, seinerzeit als Bergbauminister. Heute wird hier kein Salz mehr aus dem Berg geholt. Dafür kommen am Tag manchmal bis zu 6000 Besucher, im Jahr sind es rund eine Million. Die Unesco hat das Salzlabyrinth 1978 zum Weltkulturerbe erklärt.

Zuerst geht es 64 Meter über Treppen nach unten. „Das Schlimmste ist schon vorbei“, beruhigt Stanislav Dzidek, als die Gruppe auf der ersten Sohle der Mine angekommen ist. „Wie die Rosinen im Kuchen“ stecke das Salz in dieser Tiefe im Berg. Tatsächlich hängt es an den Wänden und Decken der Stollen, als sei es gerade aus dem Gestein herausgequollen. „Blumenkohlsalz“ sagt Dzidek dazu. Früher habe man es sogar unverarbeitet in die Suppe getan.

In der Mine von Wieliczka wird die Bergbau-Geschichte greifbar. Alte Schienen der Loren ziehen sich über den Boden. Bergmänner aus Holz - in der Bewegung erstarrt - drehen an wuchtigen Förderrädern und halten Fackeln an die Decke des Stollens. Das Grubengas Methan ist leichter als Luft und steigt nach oben. Die Arbeiter hätten es regelmäßig abbrennen müssen, erzählt Dzidek. Er scheint alles über die Mine und das Salz zu wissen. Zum Beispiel, dass das englische Wort „salary“ für Gehalt auf das lateinische „salarium“ zurückgeht. Das heißt Salzration und ist einmal ein Zahlungsmittel gewesen.

Zu jeder Kammer würde Dzidek gerne noch mehr erzählen, aber die Zeit drängt. Irgendwann biegt der Weg nach rechts ab, und plötzlich schaut der Besucher von oben in die gewaltige Kapelle der heiligen Kinga, ein echter Hingucker in 101 Metern unter der Erde. Die Kanzel, der Altar, die Heiligenbilder an der Wand - alles haben die Bildhauer aus Salz geschaffen. Auch Gottesdienste werden hier abgehalten, für rund 300 bis 500 Gäste. In der Kapelle haben schon viele Paare geheiratet.

Mit ihrer unterirdischen Größe imponieren auch die nach dem polnischen Staatschef Józef Pilsudski benannte Kammer, in der ein See liegt, oder die Kammer Michalowice, die mit riesigen Balken im gotischen Stil ausgebaut wurde. Stetige Begleiter sind die Heiligenfiguren. Sie sollen die Bergleute beschützen. Heute ist das nicht mehr notwendig, die letzte Überflutung des Bergwerks war 1992. „Wir werden hier nicht ertrinken“, sagt Stanislav Dzidek. Als sich der Fahrstuhl Richtung Oberfläche in Bewegung setzt, sind manche trotzdem erleichtert.

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