Ein gutes Stück Ruhrkultur: Wandern

Über den alten Revierzechen schweben momentan dicke, gelbe Ballons.

Düsseldorf. Die Szene mutet futuristisch an: Ein metallischer Obelisk erhebt sich über einem großen, gepflasterten Plateau in den Himmel. Der Blick nach oben bleibt an einer riesigen Röhrenkonstruktion hängen, die auf der nächsten Bergkuppe thront und die Erdmeridiane symbolisiert.

Hier, auf der Halde Hoheward, einem aus Zechenabraum geformten, grün gestalteten Kulturhügel bei Herne direkt an der Autobahn43, treffen sich Zukunft und Vergangenheit des Reviers: Oben liegt die Zukunft als Freizeit- und Ideenland und unten breitet sich in einem atemberaubenden Panorama die ehemalige Kohleregion wie ein Teppich aus Städten mit viel Grün aus.

Wer genau hinschaut, erkennt noch überall Fördertürme, aus denen sich einst der Reichtum des Kohlereviers speiste. Wenn ab heute bis 29. Mai große, gelbe Ballons der Kulturhauptstadt-Aktion Schachtzeichen über 300 ehemaligen Revierzechen schweben, gibt es wohl kaum einen besseren Ort, um die Ausmaße der ehemaligen Kohleförderung, aber auch des Strukturwandels der Region, beobachten zu können.

Doch auch das übrige Jahr über gilt: Dieser mächtige Hügel mit seinen Aussichtsterrassen, kilometerlangen Rundwegen in direkter Nachbarschaft zu den grünen Wäldern des Emscherbruchs ist einen Ausflug wert. "Unbedingt zu empfehlen", nennt ihn Uli Auffermann, der als Bochumer ein Kind des Ruhrgebiets ist und für den Wandern genauso zur Ruhrgebietskultur gehört wie der Kiosk, die Schlote und Fördertürme oder Schrebergärten.

Hier hat Auffermann, der die schönsten 50 Routen durch das Ruhrgebiet in einem Wanderführer beschreibt, selbst einst seine Leidenschaft für das Wandern entdeckt. "In den 60er Jahren hieß es an jedem Wochenende mit der Familie raus ins Grüne", erinnert er sich gern. Inzwischen erlebt er eine Renaissance des Wanderns auch im Revier.

Auffermann, der in den Alpen seine Leidenschaft fürs Bergsteigen und Klettern entdeckte und dabei Eiger-Nordwand-Erstbesteiger Anderl Heckmair kennenlernte und dessen Biograph wurde, ist seinen heimatlichen Wurzeln im Revier stets treu geblieben.

"Dass das Klischee vom grauen, schmutzigen Kohlenpott nicht stimmt, kann man nirgendwo besser erfahren als auf Wanderungen", sagt er. Wer etwa seiner Tourempfehlung von Essen-Kettwig zur Ruhrmündung in Duisburg folgt, wird kilometerlang nur durch Wälder geführt.

Das Freilichtmuseum Henrichshütte in Hattingen, noch bis Herbst mit einer Ausstellung über Helden von der Antike bis heute bestückt, kann als Ausgangs- und Zielpunkt für eine Wanderung über den Leinpfad und zur Isenburg dienen. Und vom Schiffshebewerk in Henrichenburg kann man über plattes Land zur drei Kanäle-Wanderung aufbrechen.

"Im Kulturhauptstadtjahr 2010 sind nicht nur die Museen, sondern auch viele Wege und Halden herausgeputzt", sagt Auffermann. Am Fuß der Halde Hoheward gilt das vor allem rund um die ehemalige Zeche Ewald, wo man im Schatten des Förderturms an künstlichen Wassergräben flanieren kann.

Unser Buchtipp: "Wanderführer Ruhrgebiet", Uli Auffermann, Bergverlag Rother, ISBN 978-3-7633-4345-4.

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