Italien neben Japan: Die quietschbunte Welt von Orlando

Orlando (dpa/tmn) - Disney, Universal, Sea World: Wer einen Vergnügungspark besuchen will, ist in Orlando genau richtig. Dazu kommen das ganze Jahr über schönes Wetter, Shopping, erstklassige Restaurants.

Nur mit Geografie sollte man es nicht so genau nehmen.

In ihrem ganzen Leben hat Jana noch nie ein Dirndl angezogen. Warum auch, in Hamburg? Jetzt arbeitet die junge Norddeutsche in Orlando - und ihre Arbeitskleidung ist die bayerische Tracht. Oder das, was Amerikaner dafür halten: rotes Kleid mit Herzchen, weiße Bluse, weißer Schurz. Jana ist eine von mehreren Dutzend Deutschen, die im Germany Pavillion in Epcot arbeiten, dem Vergnügungspark in der Disney World, der die Besucher an einem Tag auf die Reise durch die ganze Welt schickt.

Auf Vollständigkeit kommt es hier nicht an - auch die Anordnung der Länder ist interessant: Eine Brücke trennt Großbritannien von Frankreich, gleich nach Marokko kommt Italien - und wer sich zwischen Brücken und Gondeln fotografieren lässt, hat mit großer Wahrscheinlichkeit ein Stückchen japanischen Schrein im Bild. Eng ist die Welt zusammengerückt in dem weitläufigen Park - und doch ist alles ein bisschen anders als in den jeweiligen Heimatländern der Millionen Besucher, ein bisschen bunter, ein bisschen fröhlicher, ein bisschen mehr Disney.

Jana arbeitet zwischen China und Italien, in Deutschland. Auf dem riesigen Areal, das sich Walt Disney Anfang der 1960er Jahre zusammenkaufte. In Anaheim in Kalifornien hatte er ein Disneyland gegründet, das wegen seines riesigen Erfolgs bald an seine Grenzen stieß - also hatte sich der Erfinder von Mickey Maus, Donald Duck und Pluto überlegt, einen noch größeren Vergnügungspark zu bauen, der sich in alle Richtungen ausweiten konnte.

Das Magic Kingdom war der erste Park, der 1971 öffnete. Heute gibt es vier Themenparks, zwei Wasserparks und 25 Hotels - alle im Zeichen der schwarzen Maus-Ohren.

Ein bisschen verrückt sind sie schon, diese Amerikaner. Sie haben Las Vegas, eine Stadt der Superlative, in der das größte Hotel 5000 Zimmer hat und in der immer die Sonne scheint. Sie haben ein Disneyland in Kalifornien, das das unbestrittene Reich der berühmtesten Maus der Welt ist. Und sie haben New York, die Megacity, in der kein Shopping- und Schnäppchen-Wunsch offen bleibt. Und dann ist da Orlando: Hier gibt es alles an einem Ort - und alles ein bisschen größer.

Neben der Disney-Welt gibt es zwei Parks der Universal-Studios, Sea World - und dazu allerlei Wasserparks und andere Vergnügungsinseln. Darüber hinaus Hotels mit Zimmernummern weit jenseits der 1000 und Shopping, bis die Füße qualmen: Zwei Werksverkäufe mit jeweils mehr als 150 Geschäften, ein knappes Dutzend Einkaufszentren und kleine, feine Boutiquen in ruhigeren Stadtteilen wie dem idyllischen Winter Park.

Gut 35 Kilometer liegt Winter Park von den Themenparks entfernt - in einer anderen Welt. Die Menschen sitzen gelassen in den Straßencafés vor alten Backsteinhäusern, lesen die Zeitung oder ein Buch - sämtliche Comic-Helden und Superlative dieser Welt kann man hier leicht vergessen. Auch eine Bootstour auf den nahe gelegenen Seen oder eine Tretboot-Partie auf dem Lake Eola bringt ein Funkeln in Kinderaugen - und das ohne eine Eintrittskarte zu lösen, die um die 80 Dollar pro Person kostet.

Doch wer nach Orlando kommt, um die Herausforderung auf wilden Achterbahnen zu suchen oder in künstlichen Lagunen mit Delfinen zu schwimmen, kommt vollends auf seine Kosten. Denn Orlando ist auch eine dieser Städte, die niemals schlafen - und im Gegensatz zu New York City hat sie einen immensen Vorteil: das Wetter. Es ist warm, an jedem Tag des Jahres.

Das schätzen die Touristen offensichtlich, denn Orlando hat New York City in Sachen Besucherrekord schon vor ein paar Jahren den Rang abgelaufen: Erstmals kamen im Jahr 2010 mehr als 50 Millionen Touristen, im vergangenen Jahr waren es fast noch 2 Millionen mehr. Dabei sind nicht einmal zehn Prozent Besucher aus dem Ausland, die meisten kommen aus den USA.

Während die meisten Parks immer gut besucht sind, gibt es fernab von Disney und Co. einen Park, der eigentlich gar keiner ist und auch mit dem Massenbetrieb der anderen nichts gemein hat: The Holy Land Experience. Eine überwiegend in Erdtönen gehaltene Kulisse, in der die Mitarbeiter wallende Gewänder tragen und in sanften Worten sprechen. Ochs und Esel auf einer grünen Wiese, dazu, so scheint es, sämtliche christliche Devotionalien.

Einmal am Tag, um 15.00 Uhr, gibt es die gesamte Passion in einer 75-minütigen Darbietung, inklusive Kreuzigung. Ein bisschen befremdlich wirkt diese Einrichtung, die einem Fernsehsender gehört. Aber es ist, wie es ist in Amerika: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Und für alles findet sich ein Publikum. Auch und vor allem in Orlando.

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