Kreta - Abstecher in die Mythologie

Zeus ist der Sage nach hier geboren, überhaupt gilt die Insel als Heimat der griechischen Götter. Besucher können neben der Historie vor allem die Gastfreundschaft der Einheimischen erleben.

Iraklio. Emsig wird gehackt, geschaufelt, gemauert, werden Felssteine zerkleinert für die Treppeneinfassung. Bequeme Stufen führen neuerdings im Zentrum Kretas zur Geburtshöhle des mythischen Gottes Zeus, der „Idéon Ándron“.

Hoch im Psilorítis-Gebirge liegt sie verborgen steil über der Nida-Hochebene und war bisher nicht zugänglich. Dass der Chefgott hier und nirgendwo anders zur Welt kam, wussten bisher nur die Kreter.

Die Tropfsteinhöhle in der Lassíthi-Hochebene im Osten der Insel wurde als solche propagiert. Nun müssen sich Fremdenführer und Touristen umorientieren. Denn Gelder aus dem EU-Topf machen es möglich, in der wirklichen Geburtshöhle alles aufs Feinste herzurichten.

Hier gebar nach Ansicht antiker Autoren Mutter Rea heimlich Baby Zeus als Letztes der fünf bereits von Vater Krónos verschlungenen Geschwister. Denn einer von ihnen würde ihn entthronen, so das Orakel.

Zur Sicherheit transferierte Rea Klein-Zeus, als er laufen lernte, in die Lassithi-Höhle und erzählte ihm alles. Listig verabreichte Zeus im Knabenalter Vater Krónos ein Brechmittel. Der spie die fünf Geschwister quicklebendig wieder aus. Vater wurde erledigt, Zeus neuer Chef am Götterhimmel. Sogar ein Kafeníon mit bester Aussicht am Fuße der Treppe zur Höhle soll im Frühjahr 2013 fertig sein. Ob das klappt? Bleibt nur: Nach Kreta fahren und selbst herausfinden.

Das ist ohnehin ein guter Tipp. Eine Aktion von Hoteliers und für Touristen interessante Handwerker und Erzeuger haben — zunächst im Bezirk Iraklion — ihre Türen geöffnet. Damit sollen Gäste aus den All-inclusive-Hotels ins Landesinnere gelockt werden. Außerdem wird es auch für Individualreisende interessanter sein, Kreter zu treffen und die legendäre Gastfreundschaft zu erleben.

Schmale, oft kurvenreiche, doch gut ausgebaute Straßen führen in die faszinierende Bergwelt zu kleinen und kleinsten Dörfern. Zum Beispiel auf dem Weg von Iráklion südwestlich über Agía Varvára zur Zeushöhle. Dort ist das Häuschen von Steinmetz Giórgos Kapsális im Bergdörfchen Gérgeri zu besuchen. Der 79-Jährige begrüßt die Gäste in der Küche mit Schafskäse und einem Rakí, dem typisch kretischen Weintraubentresta.

Sein Atelier, gleichzeitig „gute Stube“ mit Spitzendeckchen und gerahmten Bildern, ist voll der schönsten Arbeiten von mini bis groß, die man bestaunen sollte, kaufen kann, aber nicht muss.

Im nächsten Ort Zarós können Besucher bei Antóni Stafanákis vorbei schauen. Er fertigt das typisch kretische Saiteninstrument, die bauchige Lyra an — aus 400 Jahre alten Deckenbalken alter Häuser. „Die geben den besten Klang.“ Nebenan bei Familie Végera speist es sich köstlich nach alten Rezepten. Unter Anleitung von Großmutter Katharina kann jeder selbst versuchen, Teig für die mit Käse gefüllte Pitta auszurollen — was gar nicht einfach ist (www.vegerazaros.gr).

Gegenüber klappern die Web-stühle im kleinen Laden von Mitos zum Zuschauen oder selbst Versuchen (www.mitos-zaros.gr). Zurück nach dem Besuch bei Zeus über Anógia demonstriert im Bauerndörfchen Tílissos Imker Nikos Tsigénis, wie die Bienen unter König Minos vor 2500 Jahren arbeiteten: Ein Loch in großen Tonkrügen war Ein- und Ausgang. Zur Ernte wurde der Deckel abgenommen und die Waben mit dem Honig heraus genommen. Heute bringt Nikos seine Bienenkästen dorthin, wo gerade Blütezeit ist (www.tsigenis.com).

Im Hügeldörfchen Stíronas, südlich von Iraklion, liegt der Familienbetrieb Korsáva in Weinfeldern, berühmt außer für Wein sind sie für die Herstellung von Rakí, auch Tsikoudiá genannt. Die Verkostung mit kretischen Spezialitäten im urigen alten Haus bleibt auch unvergesslich (www.stironas.gr).

Ein ganz besonderes Erlebnis kann in diesem Jahr mit der Entdeckung Kretas verbunden werden: Das griechische Osterfest fällt auf den 4. und 5. Mai, wenn die Insel in einem Blütenmeer versinkt. Es ist das wichtigste Fest des Jahres. Kein Urlauber, der nicht im Zimmer seiner Pension oder seines Hotels geschmückte Kerzen für die Kirche findet und rote Ostereier, die das Blut Christi symbolisieren oder gar ein Osterbrot mit eingebackenem rotem Ei. Kurz vor Mitternacht gehen in allen Kirchen die Lichter aus. Dann knallt es draußen wie zu Silvester.

Der Priester erscheint mit drei brennenden Kerzen, an denen man seine mitgebrachte Kerze ansteckt. Jeder sagt jedem, dass Christus auferstanden ist („Christós anésti“). In Agíos Nikólaos wird um Mitternacht mit dem Segen der Kirche auf dem Binnensee der Verräter Judas verbrannt, der tagsüber am Galgen zu sehen ist.

Wer in einer Privatpension wohnt, wird sicher nicht nur für die Osternacht in die Kirche eingeladen, sondern auch zum üppigen Schmaus danach — und natürlich am Ostersonntag für das Lamm am Grill. Denn dann wird gefeiert, dass sich die Balken biegen — mit Rakí und natürlich Wein. Selbst in großen Hotels werden Lämmer gegrillt für das Osteressen. Am schönsten aber ist es, Ostersonntag in einem der kleinen Orte im Landesinneren Kretas zu erleben — bis Ostermontag mit dem Gruß „Christós anésti“.

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