„Marbella wird immer Marbella sein“
Audrey Hepburn, Brigitte Bardot, Sean Connery — die Fotos an der Wand zeigen die Stars der 60er-Jahre. Mit dabei: Prinz Alfons von Hohenlohe nebst Gattin Ira von Fürstenberg. Der Ort: Marbella.
Einst als Treffpunkt für den Jetset weltbekannt, scheint das Image von Marbella zu bröckeln. Hochhäuser und touristische Bausünden verschandeln das Bild ebenso wie Billig-Souvenir-Shops auf der Strandpromenade. Ballermann Marbella: Günstiger Urlaub dort, wo damals die Reichen und Schönen feierten und sich feiern ließen. Der wunderbar feinsandige Strand ist voll, ebenso mancher Tourist. Wer den Ort an der Costa del Sol an dieser Stelle kennenlernt, ist zweifellos enttäuscht. Kein Glanz, kein Glamour. Wohl eine hübsche winzige Altstadt mit wunderschön restaurierten Häuschen mit Blumen auf Fensterbänken und Balkonen, kleinen Geschäften, Boutiquen und Tapasbars.
Auf dem zentralen Platz haben Restaurants ihre Tische und Stühle unter Sonnenschirmen und Bäumen aufgestellt, es gibt Bäume und Sträucher, beinahe wie in einem Miniatur-Park. Ein versöhnlich stimmendes Bild der Stadt, die vor einigen Jahrzehnten noch Monaco den Rang ablief. Doch wohin genau zog es Adel und Jetset? In den einige Kilometer entfernten Marbella Club.
Condé Rudi, ehemaliger Direktor
Aus einem einfachen Bauernhaus, das in den frühen 50er-Jahren gebaut wurde, entstand das heutige Luxushotel. Weil es Prinz Maximilian von Hohenlohe und seinem Sohn Alfons so gut in Andalusien gefiel. Dabei hatte es damals fast nichts gegeben außer sandigen Pisten und Pinienwäldern. Die Stromleitungen musste der Prinz sogar eigenhändig legen.
Alfons von Hohenlohe errichtete schließlich ein Hotel mit 18 Zimmern und lockte den Jetset nach Marbella. Denn der Prinz lebte überwiegend in den USA, galt als Playboy, feierte ausgelassen und pflegte den Kontakt zu den Schönen und Reichen. Alfons holte aber auch Graf Rudolf von Schönburg-Glauchau-Waldenburg nach Marbella, den Onkel von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. „Es gab hier wirklich nichts“, erinnert sich der heute 85-jährige Condé Rudi. „Wir haben von Anfang an das einfache Leben in Andalusien genossen.“ Auch, wenn er zunächst mit einer Schaufel nach Wasser graben musste: „Als wir kamen, gab es kein Wasser. Aber wir wussten, es gibt einen unterirdischen Fluss aus der Sierra Blanca.“
Ausgebildet im Hotelfach und damals bereits im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg tätig, wird Rudolf Direktor des entstehenden Marbella Clubs. „Der Club ist mein Leben, ich bin jetzt 60 Jahre hier und wollte eigentlich nur zwei Jahre bleiben.“ Er baut den Club auf, obwohl er damals erst 24 Jahre alt ist. „Die Fenster sind alle in Windrichtung eingelassen, so lässt sich auch im Sommer die große Hitze mit einer leichten Brise ertragen.“ Auch heute noch braucht man keine Klimaanlage. „Wir kauften damals fünf Kühe, damit wir jeden Morgen Milch und Sahne anbieten konnten“, erinnert sich der ehemalige Hoteldirektor. „Und wir hatten Duschen in allen Zimmern.“ Damals durchaus keine Selbstverständlichkeit.
Prinz Alfons zieht weitere Adlige nach Marbella, schließlich kommen sie alle. Sehen und Gesehenwerden. Dann kommen auch die amerikanischen Filmstars. „Wir sind ein privates Hotel, das langsam gewachsen ist für einen Gästekreis, der Südspanien erleben will, ohne auf Komfort zu verzichten“, fasst Condé Rudi zusammen — das gilt bis heute. „Wir haben gebaut, um hier selbst zu leben. Nicht, um möglichst teuer zu verkaufen.“
Damals war Marbella arm und unerschlossen, Alfons und Condé Rudi sorgten nach und nach für Infrastruktur in der Stadt. „Bei den einfachen Zimmern blieb es nicht“, erzählt Juan Millán González. Der Stadtführer hat das Entstehen des Clubs miterlebt. „Die Stars fragten: ,Warum baut ihr nicht ein paar Apartments, dann können wir länger bleiben.’ Und sie bauten luxuriöse Villen. Damit war klar, dass aus dem Club, den sie bislang nur auf der Durchreise besucht hatten, ein richtiges Hotel würde.“ Und der heutige Ausgangspunkt der „Golden Mile“, dem Gebiet zwischen Club und Yachthafen Puerto Banús.
Dort liegen die superteuren Luxusyachten, schaukeln auf den leichten Wellen, werfen ihr glänzendes Spiegelbild aufs Wasser. Sicherheitsleute und Personal sorgen dafür, dass kein schaulustiger Tourist an Bord kommt und der rote Teppich akkurat und faltenfrei bis an den Kai reicht. Direkt davor: teure Autos. Unter Hummer, Ferrari oder wenigstens Spezialanfertigungen von Mercedes geht nichts. Passend zu den Geschäften der Hafenpromenade: Bulgari, Gucci, Cartier & Co. — alle nebeneinander.
Juan, Stadtführer
Es gibt sie also immer noch, die Superreichen in Marbella. Oder kommen sie nur für ein paar Tage mit dem Boot? „Die ,Golden Mile’ heißt nicht umsonst so“, sagt der Guide mit einem Augenzwinkern und winkt ein paar Taxifahrern. „Hierher, bitte“, ruft er schließlich und schon geht es mit Alberto raus aus dem Hafen und rein in die Berge, die direkt hinter Strand und Straße emporragen. Doch einfach durch die Wohnviertel fahren funktioniert nicht. Alle paar hundert Meter muss Alberto einen Wachmann bitten, eine Schranke zu öffnen. Juan erklärt, dass er Journalisten die Gegend zeigen will. „Kein Problem, solange Sie keinen Lärm machen“, sagt der Wachposten. „Hier haben Prinzen und deren Nachfahren ihre Villen“, sagt Juan. Leider verstecken sie sich und ihre Häuser hinter riesigen Mauern, überall hängen Kameras.
Gärten voller blühender Blumen, aus anderen ragen meterhohe Palmen empor, Gebäude in zartem Gelb oder terracottafarben, Straßen so sauber, als seien sie gerade mit Putzmittel geschrubbt worden. Stille. Überall. Hier sind sie also, die Millionen teuren Villen und ihre millionenschweren Besitzer.
Antonio Banderas hat dort ein Haus, Julio Iglesias auch, Sean Connery nach 30 Jahren mittlerweile nicht mehr. Ärger mit der Steuer, wie es heißt. Einer der Prinzen von Saudi-Arabien hat sich einen Nachbau des Weißen Hauses auf eine Kuppe bauen lassen. Mit eigener Klinik und einem mehrgeschossigen Wohnhaus für das Personal. „Es kommen viele reiche Russen“, räumt der Guide ein. Aber auch Prominente aus dem Showbusiness. „Die wohnen oft in einer Villa im Marbella Club.“ Und so schließt sich der Kreis, denn alle diese Viertel liegen genau gegenüber dem Luxushotel.
Auch, wenn sich der Jetset heute von den Paparazzi zurückzieht und sich hinter Mauern auf seinen Anwesen den neugierigen Blicken entzieht, er ist nach wie vor dort. Über einen Imageverlust Marbellas kann Juan nur milde lächeln: „Marbella wird immer Marbella sein.“
Die Autorin reiste mit Unterstützung des Marbella Clubs.