Mit dem Fahrrad durch Bangkok
Auf schmalen Wegen durch die Millionen-Metropole: Interessantes jenseits der Touristen-Highlights entdecken.
Bangkok. Zwischen grauen Häuserwänden schlängelt sich der Radweg durch die Hinterhöfe des Viertels und wird immer schmaler. Nicht mal einen Meter ist er an manchen Stellen breit. „Ihr müsst sehr vorsichtig sein. Lieber mal absteigen und schieben“, hatte unser Guide „Mister Tee“ vor Beginn der Fahrradtour eingeschärft. Zu Recht, wie wir jetzt wissen. Manchmal ist es so eng, dass man sich besser an einer Häuserwand abstützt, um nicht mit dem Lenker hängenzubleiben. Vor allzu engen Kurven hängt ein Spiegel, auf dem man rechtzeitig den Gegenverkehr sehen kann.
Abseits der touristischen Höhepunkte wie Königspalast, liegendem Buddha und riesigen Shopping-Malls lassen sich ungewohnte Perspektiven entdecken. Per Fahrrad geht es deshalb durch die thailändische Millionen-Metropole. Beim Gedanken an die sechsspurigen Straßen, knatternden, dreirädrigen Tuk Tuks, rasenden Busse, Taxen und Staus ist uns vorher allerdings ein bisschen mulmig zumute.
Doch die Skepsis weicht schnell der Neugier, als wir Raymond treffen. Vor sechs Jahren kam der Holländer nach Bangkok und eröffnete in der Nähe des Shangri-La Hotels eine Fahrradvermietung. „Damals bin ich zum Vergnügen erst einmal allein mit dem Rad losgefahren und habe gestaunt, was man hier alles abseits der Hauptstraßen sehen kann. Es war richtig klasse, das hätte ich niemals gedacht. Ich war sofort begeistert“, schwärmt der Holländer. „Bangkok ist ein toller Ort zum Radfahren, wenn man die großen Straßen meidet.“ Und seitdem vermietet er Fahrräder und bietet geführte Touren für Besucher an.
„Radtouren sind bei Touristen seit einigen Monaten extrem angesagt“, beschreibt Raymond die Entwicklung. „Viele Gäste sind neugierig und sehr interessiert, in Bangkok auch mal hinter die glitzernden Fassenden zu sehen, um den Menschen ein wenig näher zu kommen. Die Touren gehören inzwischen zu den zehn Highlights in der Stadt. Ständig eröffnen neue Fahrradverleiher. Inzwischen gibt es schon 15 Anbieter, Tendenz steigend.“
Die meisten Gäste gehen auf Nummer sicher und buchen Touren, die von erfahrenen Guides geleitet werden. Einer von ihnen ist „Mister Tee“. Er hat für uns eine Route über 16 Kilometer ausgearbeitet. Auf ausgeschilderten Radwegen fahren wir durch das muslimische Viertel, vorbei an alten Kolonialgebäuden in der Nähe des Flusses. Die Fassaden der leerstehenden Lagerhäuser bröckeln, die Feuchtigkeit hat den Putz schwarz gefärbt, aus manchen Fensterhöhlen sprießen Farne. Eine ideale Location für Uni-Absolventen und frisch verheiratete Paare: Sie kommen mit Fotografen und Freunden, um in dieser morbiden Atmosphäre Erinnerungsfotos aufzunehmen.
„Dort drüben am Flussufer seht ihr das Hotel Lebua State Tower mit seiner großen Kuppel“, sagt „Mister Tee“ und weist auf die andere Seite. „Es ist seit dem Film ,Hangover 2’ weltbekannt. Oben, im 64. Stockwerk, in der Skybar und in dem luxuriösem Hotel-Restaurant Sirocco wurden mehrere Szenen gedreht — mit beeindruckendem Blick über Bangkok.“ Sowohl der eigens kreierte Cocktail „Hangovertini“ als auch der großartige Ausblick bei Nacht lohnen einen Besuch.
Auf der Fahrt Richtung China Town wird der Weg immer schmaler. Zwischen Hauswänden schlängelt er sich durch die Hinterhöfe des Viertels. „Ihr müsst sehr vorsichtig sein. Besser mal vom Rad absteigen und schieben“, warnt uns der Guide.
Die schmale Gasse führt zum trubeligen Sampheng Markt. Von morgens früh bis in die Nacht herrscht großes Gedränge. Dort gibt es fast alles für den täglichen Bedarf: Früchte, Fische, Gewürze neben getrockneten Heilkräutern, Pilzen und chinesischen Medikamenten, an manchen Ständen werden auch Kosmetika, Hosen und Schuhe angeboten. Dazwischen Essensstände mit Nudeln, Reis oder Fisch, Eis oder anderen Leckereien. Kreuz und quer wuseln die Einheimischen durcheinander, Touristen verschlägt es eher selten dorthin.
Wenig später erreichen wir einen Blumen- und Gemüsemarkt. Auf riesigen Flächen bieten Händler violette, rosa und weiße Orchideen, Papageienblumen und jede Menge anderer tropischer Pflanzen an. Vor allem Hotels decken sich mit frischer Ware für ihre Tischdekorationen ein. Arbeiter hasten mit beladenen Karren durch die Gänge, bepackt mit Kartons voller Blumen. Vorsichtig schieben wir die Räder, um ihnen nicht in die Quere zu kommen. Auf der anderen Seite der riesigen Halle warten Verkäufer an ihren Ständen zwischen Bergen von Tomaten, Zwiebeln, Mangos, Ananas und Papayas auf Kundschaft.
Wir radeln ein Stück am Fluss entlang und genießen den Blick auf die Skyline mit den Luxus-Hotels, Appartement-Blocks und riesigen Bürogebäuden. Mit der Fähre überqueren wir den Chao Praya und staunen wenig später über den riesigen sitzenden Buddha im Wat Kanlaya. Gläubige Thais beten versunken, zünden Kerzen an und heften ein Plättchen Blattgold auf den Buddha-Körper. Nichts kann ihre andächtige Stille und Versunkenheit stören.
Auf dem Rückweg verläuft unsere Fahrt für kurze Zeit am Rand einer vielbefahrenen Straße entlang. Es ist das einzige Mal, dass wir den dichten Verkehr der thailändischen Metropole hautnah erleben. Nach fast vier Stunden sind wir wieder zurück in Raymonds Fahrradladen — im Gepäck jede Menge Eindrücke und Erlebnisse von einer Tour durch die unbekannten Ecken Bangkoks. Der Autor reiste mit Unterstützung von Mövenpick Hotels und Thai Airways.