Namibia für Selbstfahrer: Ein sandig-afrikanischer Roadtrip
Windhoek (dpa/tmn) - Der Blick in den Rückspiegel schmerzt: Ein letztes Mal fällt der Blick auf das Meer aus riesigen Dünen. Die meisten Sandberge sind bis zu 200 Meter hoch.
„Big Daddy“ überragt mit 350 Metern sogar den Eiffelturm. Der Namib-Naukluft-Park in der Namib-Wüste ist einer der beeindruckensten und zugleich bizarrsten Orte Namibias.
Die Sanddünen erstrecken sich bis zum Horizont, leuchten von orange bis blutrot. Je älter der Sand, desto roter die Farbe. Unterbrochen wird das Farbenspiel im Sossusvlei-Gebiet immer wieder durch das Weiß der Salzpfannen mit ihren ausgedörrten Akazien. Man möchte und könnte hier Wochen verbringen. Doch Namibia, eines der landschaftlich vielfältigsten Länder Afrikas, hat zu viel zu bieten.
Im Süden locken das Diamantensperrgebiet mit der deutschen Kolonialstadt Lüderitz und der Fish River Canyon, der zweitgrößte Canyon der Welt, im Osten die Kalahari-Wüste mit ihrer Tierwelt.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern Afrikas kann man in Namibia die Wildnis problemlos auf eigene Faust im Mietwagen erleben. Man befindet sich ständig auf der Pirsch, hält einfach an, wo es schön ist oder gerade eine Elefantenherde vorbeizieht.
Bei den meisten Mietwagen handelt es sich um allradgetriebene Pickups mit Dachzelt und Campingausrüstung, was das Reisen enorm flexibel macht. Freies Campen ist in Namibia allerdings verboten und wegen der wilden Tiere auch nicht immer ungefährlich. Die Strecken sind lang, Tankstellen selten. Doch fast alle Reiseveranstalter haben gut organisierte Selbstfahrer-Routen im Programm. Dabei kann jeder nach Belieben Camping-Plätze mit Blick auf badende Elefanten und luxuriöse Safari-Lodges kombinieren. Namibia ist sicher, die Infrastruktur gut.
Tatsächlich ist selbst die Schotterpiste von Sossusvlei nach Walvis Bay im Norden hervorragend ausgebaut und kommt einem Safariausflug gleich. Am Straßenrand sind Straußherden und Oryxantilopen zu sehen. Besonders beeindruckend ist allerdings die grenzenlose Weite und Einsamkeit. Dörfer oder andere Autos sieht man seltener als Zebras und Warzenschweine. Eindrucksvoll wird einem vor Augen geführt, dass Namibia doppelt so groß wie Deutschland ist, aber nur knapp zweieinhalb Millionen Einwohner zählt.
In Walvis Bay endet die surreale Mond- und Wüstenlandschaft abrupt am blauen Atlantik. Die Lagune zählt die meisten Wasservögel im südlichen Afrika. Zigtausende Flamingos verwandeln den Atlantik in ein rosafarbenes Meer. Pelikane und Delfine begleiten Ausflugsboote auf dem Weg zu den großen Robbenkolonien.
Einen regelrechten Adrenalinkick bekommt man südlich von Walvis Bay im Dünen-Naturschutzgebiet Sandwich Harbour. Bis zu 80 Meter stürzen die Dünen hier senkrecht in den tosenden Atlantik. Wenige Kilometer nördlich muss man sich das Dünen-Abenteuer vor den Toren des Küstenstädtchens Swakopmund hingegen erkämpfen.
In Skischuhen geht es bei sommerlichen 25 Grad die Düne hoch - 120 Meter. Jeder muss seine Skier selber tragen. Hendrik May geht voran. Der gebürtige Thüringer war in der ehemaligen DDR Wintersport-Profi, Nordische Kombination. Vor 17 Jahren wanderte er nach Namibia aus und bietet hier in Swakopmund eine der vielleicht exotischsten Ski-Abenteuer der Welt an - Dünen-Skifahren und Skilanglauf!
Auf dem Kamm fegt der Wind. Der weiße Geländewagen wirkt unten im Meer aus Sanddünen winzig klein. Am Horizont blitzt der Atlantik silberfarben in der Sonne. „Folgt einfach meiner Spur und fahrt möglichst steil und ohne Kanten hinab, da Sand mehr bremst als Schnee“, sagt Hendrik. Dann fetzen alle die Sanddüne hinunter.
Nach dem Pistenspaß geht es zum Schwarzwälder-Kirschtorte-Essen ins „Café Treff“. Swakopmund ist die vielleicht deutscheste Stadt Namibias, das von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie war. Die Straßen sind gesäumt von deutschen Fachwerkhäusern. Es gibt eine deutsche Tageszeitung, eine deutsche Buchhandlung, eine deutsche Bäckerei, deutsches Bier, Bratwurst.
Einsam in der afrikanischen Savanne steht die Spitzkoppe. Ein Granitberg, der wegen seiner Form auch Matterhorn Namibias genannt wird. Im Schatten der Felsen wird das Dachzelt aufgebaut und das Lagerfeuer angemacht. Wenn man dann abends unter dem afrikanischen Sternenhimmel am Feuer sitzt, ein Windhoek Lager und ein saftiges Antilopen-Steak genießt, weiß man, genau am richtigen Ort zu sein.
Über Schotterpisten geht es weiter zur wohl spannendsten Salzpfanne in ganz Afrika, zum Etoscha-Nationalpark. Er gehört zu den wildreichsten Naturschutzgebieten Afrikas. Man fährt von einem Wasserloch zum nächsten. Bis zu 80 Elefanten tummeln sich hier nicht selten gleichzeitig mit Giraffen, Zebras, Kudus, Impalas und Nashörnern. Man braucht aber auch ein wenig Geduld und Zeit.
Wer im Gruppenbus sitzt, hat Pech. Selbstfahrer können warten, bis große Elefantenherden oder Löwen kommen. Dann braucht man nicht einmal ein Fernglas, um die Tiere zu beobachten. Eher denkt man darüber nach, wie man dem Mietwagenverleiher die Delle erklärt, die der Elefant beim Vorbeistreifen am Wagen hinterlassen hat.