USA San Francisco: Die bunte Stadt am Pazifik
Vor 50 Jahren Geburtsort der Flower-Power-Hippies, heute Heimat von Internet-Genies. San Francisco ist immer noch anders als der Rest Amerikas – bunt und liberal. Und eine Stadt mit milden Temperaturen.
Die junge Frau wirkt, als wäre die Zeit stehen geblieben: Orange leuchtet ihre Lockenmähne, sie trägt ein grellbuntes Batikkleid, ihre Finger erhebt sie zum „Peace“-Zeichen, dem berühmten Hippie-Gruß der 60er- und 70er-Jahre. „Aber nein“, sagt Sunny Powers lachend: „Ich bin nicht von damals, sondern die nächste Generation.“ Die 37-Jährige ist ein Kind der Blumenkinder. Ihr Vater und ihre Mutter lernten sich auf den hügeligen Straßen von San Francisco kennen, im „summer of love“, dem Sommer der Liebe, als plötzlich hunderttausende junger Menschen aus aller Welt nach Kalifornien strömten und anders sein wollten als ihre Eltern.
Hippie-Läden
und Silicon Valley
Heute wird die Flower-Power-Stadt von jungen Internet-Mitarbeitern des Silicon Valley überspült, hier „Techies“ genannt. Spitzenverdiener sind diese Mitarbeiter von Apple, Google und Amazon aus dem nahen Silicon Valley. Ein 70 Quadratmeter großes Apartment geht in San Francisco inzwischen für 7000 Dollar Miete weg, das macht die Stadt für viele andere unbezahlbar. Doch Sunny Powers unterhält noch ihren Hippie-Laden auf der berühmten Haight Street, auf der bis heute keine Geschäfte großer Ketten erlaubt sind. Sogar für Babys bietet sie grellbunte Batik-Strampler und während sie Touristen berät, schlägt sie den Bogen von den Hippie-Jahren bis heute: „Alles was damals erst anfing, mag heute doch fast jeder: Yoga, Öko-Supermärkte, Pop-Musik.“
Scott McKenzie hat sie besungen, die „Blumen im Haar“, die man beim San-Francisco-Besuch tragen sollte. An der Lyon Street 122 hauste einst Janis Joplin mit ihren Kommunarden. Heute sind die edwardianischen und viktorianischen Townhouses mit Erkern und Spitzgiebeln, die vom großen Erdbeben 1906 verschont blieben, schick renoviert und einige Millionen Dollar wert. Die vielen Obdachlosen sind zum Teil durchaus ein Erbe der Hippie-Zeit. Ohne Einkommen landeten sie irgendwann auf der Straße, inzwischen in zweiter oder gar dritter Generation.
Ja, San Francisco ändert sich, doch für Urlauber ist die fröhliche Metropole am Pazifik mit der rumpelnden Straßenbahn Cable Car und der weltberühmten Golden Gate Brücke immer noch ein buntes Abenteuer und seit Donald Trumps Präsidentschaft die einzige Stadt der USA, die Zuwächse im Tourismus verzeichnet. Der Hannoveraner Reiseveranstalter Timo Kohlenberg von „America Unlimited“ berichtet: „80 Prozent aller deutschen Urlauber beginnen ihre Reise durch den Südwesten der USA in San Francisco.“
Erst kam der Goldrausch,
dann Levi Strauss
Kaum zu glauben, dass die Stadt erst gut 150 Jahre alt ist. Mit dem großen Goldrausch von 1848 wurde aus dem Missionarsposten, der zunächst zu Mexiko gehörte, quasi über Nacht eine Großstadt; ein paar Jahre später schneiderte ein gewisser Levi Strauss dort seine erste Blue Jeans. In holzgetäfelten Kombüsen des Traditionsrestaurants „Sam’s Grill“ kann man sich bei Miesmuscheln oder Fischsuppe in diese Zeit zurückträumen. An drei Seiten von Meer umspült, lassen sich die unterschiedlichsten Bezirke der Küstencity fast wie in Europa zu Fuß erkunden. North Beach, manchmal auch Klein-Italien genannt, war quasi der Hippie-Bezirk noch vor den Hippies.
Schon in den 1950er-Jahren siedelten sich dort Exzentriker und Schriftsteller wie Jack Kerouac an. Beim Schlendern durch den historischen Buchladen „City Lights Bookstore“ findet man seine Bücher. Das „Tatoo Art Museum“ auf der Columbus Avenue beweist, dass Tätowierungen tatsächlich Kunst sein können.
In China Town leben mehr Chinesen als irgendwo sonst auf der Welt in chinesischen Startvierteln; niemand hat ihren Alltag zwischen den Welten besser beschrieben als die Schriftstellerin Amy Tan. Die Hauptstraße mit ihren roten Lampions ist touristisch, doch in einer der Nebengassen formt und verpackt eine kleine Firma tatsächlich noch per Hand die überall auf der Welt beliebten Glückskekse. Das perfekte Mitbringsel gibt’s in Mama Lu’s „Wok-Shop“: einen original chinesischen Wok für 19,99 Dollar. Mama Lu erklärt die Tücken: „Nicht zu viel Öl verwenden, Gemüse nur ganz kurz garen.“ Die Finessen chinesischen Lifestyles, ausnahmsweise mal nicht kitschig-opulent, sondern trendy, bietet „China Live“, ein Designer-Laden mit Bistro und Top-Restaurant. Helles Holz, tolle Tees und asiatische Deko-Objekte: So sieht das moderne China aus.
Der religiöse Ursprung
des „Mission Districts“
Riesige Heiligenbilder als Wandmalereien, Burrito-Lokale und gute Stimmung: Im „Mission District“, der Heimat vieler Lateinamerikaner, drängt sich in einer knallgelb eingerichteten Taco-Bar Tag und Nacht ein bunt gemischtes Publikum. Mehr als 600 Wandmalereien belegen den religiösen Ursprung des Viertels.
Zu welcher Tageszeit ist das berühmteste Wahrzeichen San Franciscos, die 1280 Meter lange Golden Gate Brücke, am schönsten? Herrlich, wenn die 1937 fertiggestellte rote Hängebrücke am Morgen aus Nebelschwaden aufsteigt. Aber auch bei Sonnenuntergang funkelt sie vor der Skyline der Hochhäuser und dem felsigen Ufer atemberaubend.
„Jetzt die Nasen nach rechts“, ruft der Fahrer und legt mit einigem Krachen den nächsten Gang ein. Eine Fahrt mit der historischen Cable Car ist keine Fortbewegung, sondern ein Schauspiel. Es geht die Hyde Street hinunter, am Ende der Straße mit starkem Gefälle sehen die Fahrgäste in der Bucht die markante Alcatraz-Insel, bis 1973 ein Hochsicherheitsgefängnis, heute ein – oft überlaufenes – Museum. Da lohnt sich ein Bummel durch den trendigen Kultur-Stadtteil Hayes Valley mehr. Neben Oper und Ballett überrascht das „Asian Art Museum“ mit einem preiswerten Sonntagslunch, etwa mit Erdnussbutter-Miso-Toast und süßsauren Chicken Wings. So gut schmeckt San Francisco.
Die Autorin reiste mit Unterstützung des Fremdenverkehrsamtes San Francisco Travel und von Wow Air.