Zwischen Outback und Großstadt: Weintouren im Barossa Valley
Tanunda (dpa/tmn) - Das Barossa Valley ist wohl das bekannteste Weinbaugebiet in Down Under. Australien-Urlauber, die schon immer wissen wollten, wo ihr Shiraz herkommt, machen hier gerne Station. Mit etwas Glück sitzen sie in einer Limousine, in der die Queen fuhr.
Wo genau hat die Queen denn nun gesessen? John Baldwin lacht, er kennt diese Frage nur allzu gut. „Tut mir leid, ich weiß es wirklich nicht“, sagt der Chauffeur und zwirbelt an seinem dichten, grauen Bart. Fast täglich zeigt John Baldwin Urlaubern das Weinbaugebiet Barossa Valley, und das Besondere an seinen Touren ist sein Fahrzeug: Eine dunkle, chromblitzende Daimler-Limousine von 1962, die bis in die 1980er Jahre der Dienstwagen der Gouverneure von South Australia war. Auf der Rückbank saßen schon Thailands König Bhumibol und Elizabeth II., die auch Australiens Staatsoberhaupt ist. Das erzählt John natürlich gerne seinen Gästen. Aber ob die Königin hinten links oder rechts Platz genommen hat? John schüttelt den Kopf.
John und sein Oldtimer passen gut nach Barossa. Touristen wollen hier meist einen Gang zurückschalten, suchen Genuss und etwas Abstand vom australischen Alltag. Meist sind sie auf der Durchreise zwischen dem Outback mit seinen rotsandigen Wüsten und den schillernden Metropolen des Südens wie Melbourne, Sydney und dem nahe gelegenen Adelaide.
Winzerromantik wie an der Mosel gibt es hier nicht, dafür wirkt die Landschaft auch nicht spektakulär genug. Ein paar Hügel, weite Felder: Barossa ist kein echtes Tal, wie das Wort Valley vermuten ließe. Das Barossa Valley erstreckt sich von Norden nach Süden über etwa 40 Kilometer, von Ost nach West sind es knapp 30. Insgesamt gibt es rund 130 Weinhersteller in der Region, sie ernten 60 000 bis 80 000 Tonnen Trauben im Jahr.
Für Wein-Fans unter den Touristen gibt es inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, Weingüter zu besichtigen und Weine zu kosten. Bei Penfolds in Nuriootpa zum Beispiel, einem der größten Hersteller, können Gäste in Tagesseminaren ihren eigenen Wein kreieren. Das älteste Weingut im Familienbesitz ist Chateau Yalumba, seit 1849 in Angaston zu finden. Und die größte Weinfirma, die Touren anbietet, ist Seppeltsfield im gleichnamigen Ort im Nordwesten von Barossa.
Dort lernen Besucher eine besondere Tradition kennen: Seit 1878 wird jedes Jahr ein 500-Liter-Fass eingelagert und 100 Jahre später geöffnet, immer am 20. Februar. Der Inhalt wird in kleine Flaschen und Boxen gefüllt und verkauft. „Weil der Wein zum Teil verdunstet, sind im Fass mit Glück noch 300 Liter übrig“, erzählt John Baldwin. „Dieser Wein ist flüssige Geschichte. Denn der Tropfen, der jetzt aus dem Fass kommt, wurde ja bereits vor dem Ersten Weltkrieg angebaut.“
John Baldwins letztes Ziel an diesem Tag ist ein altes Farmhaus: „Kingsford Homestead“ liegt nahe des Sturt Highway Richtung Adelaide, ist inzwischen eine noble Unterkunft und regelmäßig das Ziel von Fantouren. Denn die sanft welligen Hügel ringsum, auf denen etliche Schafe weiden, kennen viele Besucher aus dem Fernsehen, hier wurden die 224 Folgen von „McLeods Töchter“ gedreht. Die Serie über das harte Leben auf einer australischen Farm hatte auch in Deutschland Erfolg. Im Film hieß die Farm allerdings „Drover's Run“ - und lag laut Drehbuch im staubigen australischen Busch statt wie in der Realität vor den Toren eines florierenden Weinbaugebietes.
Tatsächlich wie im Outback ist jedoch die Zufahrt nach Kingsford Homestead am Ende eine raue Schotterpiste. John Baldwin stoppt daher mit etwas Abstand zu dem 1856 errichteten Steinhaus. Sein Oldtimer, in dem schon die Queen saß, soll keine Kratzer im Lack davontragen.