Ausflug in die Schlesischen Beskiden und in den kleinen Ferienort Szczyrk Wandern und Ski im Süden Polens
Von Claudia Kasemann
Schöne Orte mit wechselvoller Geschichte: Wie Perlen an der Schnur lassen sich Liegnitz und Breslau, Oppeln, Kattowitz und Krakau bei einer –sehr empfehlenswerten – Städterundreise durch den Westen Polens erkunden. Jetzt, im bunten Herbst, lohnt sich dabei ein Ausflug in die Schlesischen Beskiden und in den kleinen Ort Szczyrk.
Dort tummeln sich Wanderer und Mountainbiker auf Wald- und Schotterwegen, doch schon bald warten 60 Kilometer Pisten, rund 30 Lifte und sogar eine turniertaugliche Skisprungschanze auf Wintersportler.
Zum Skifahren nach Polen? Für Skifans aus NRW vielleicht nicht unbedingt der erste Gedanke. Doch bei den östlichen Nachbarn ist Szczyrk (ehemals Schirk) seit Jahrzehnten ein populäres Mittelgebirgsziel. 2009 fand sogar das Europäische Olympische Winter-Jugendfestival der Region statt, und es gibt übers Jahr stets zahlreiche, vor allem einheimische Besucher.
Denn nicht nur als Skiort ist Szczyrk in Polen ein Begriff, sondern auch bekannt für seine Hochzeitsausflügler. Man sagt, es bringe Glück, in Szczyrk zu heiraten. Fast täglich würden sich Paare im Ort trauen lassen und zum Beispiel per Seilbahn in einer speziellen Hochzeitsgondel auf den 1257 Meter hohen „Hausberg“, den Skrzyczne, fahren, heißt es.
Unterkünfte gibt es reichlich im 6000-Einwohner-Örtchen, viele zentral und nahe der Skilifte. Das größte Hotel am Platz und mit 330 Metern gleichzeitig das längste weit und breit aber ist das neue, kürzlich erst eröffnete Mercure Hotel am Hang gegenüber des Skrzyczne. Ein Haus mit Geschichte: Das frühere Kongress- und Freizeitzentrums der Kattowitzer Stahlwerke, viele Jahre bekannt als „Kehlsteinhaus“, wurde sachlich-modern umgebaut und erweitert. Der ursprüngliche Gebäuderiegel aus dem Jahr 1978 diente einst auch als eine Art Landschulheim, erinnert sich Berenika, Kennerin des Ortes: „In Szczyrk haben Generationen polnischer Kinder und Jugendliche das erste Mal auf Skiern gestanden – es gibt viele schöne Erinnerungen an unbeschwerte Ferien in der Gegend.“
Und in der Tat hat Szczyrk bis heute ein großes Herz für Kinder, wovon Spielplätze, familienfreundliche Hotels und Restaurants sowie eine Menge Souvenirgeschäfte mit Plüschtieren und Kinderspielzeug zeugen. Auch im neuen Mercure sind ansprechende Bereiche für die Kleinsten zu finden – doch Eigentümer und Investoren zielen mit dem ultramodernen Riesen-Projekt unter Regie der Accor-Hotelkette insbesondere auf Veranstaltungstourismus ab. Dazu gehören neben Business-Events eben auch Hochzeitsgesellschaften, Club- oder Jubiläumsfeiern. Es gibt Konferenzräume für Meetings, Schulungen und Feste mit bis zu 1200 Teilnehmern auf 2500 qm sowie 447 Zimmer unterschiedlicher Kategorien – die meisten mit Blick auf den Hausberg Skrzyczne. Besonderer Wert wird auf Gastronomie gelegt: Zwei Restaurants und drei Bars sollen gehobene Ansprüche bedienen, so das ambitionierte Ziel.
„Der Clou ist nach
wie vor die Lage“
Und wie finden die alteingesessenen Bewohner und älteren Stammgäste des Ortes den neuen Gebäudekomplex, der optisch so gar nichts mehr mit ihrem ehemaligen Schullandheim zu tun hat? Aus der dem Verfall preisgegebenen alten Immobilie sei ein Schmuckstück geworden, ist von Investoren und Stadtmarketing zu hören. Gut für den Ort sei das und ein Motor für den Tourismus. „Das Hotel verschmilzt mit der Natur“ betont man bei Accor und nennt es gar ein „ökologisches Hotel“.
Und auch wenn sich an Großprojekten im Grünen zuweilen die Geister scheiden, sind sich viele in Szczyrk einig: „Der Clou dieses Hotels ist nach wie vor die Lage und der fantastische Blick auf den Berg Skrzyczne“, sagt Berenika. Vor allem dafür kämen die Leute, und daran habe sich nichts geändert.
An diesen Novembertagen jedenfalls sieht man gutgelaunte Ausflügler aufbrechen zu Berg- und Biketouren und zufrieden zurückkehren in das große Hotel mit der gefragten Aussicht. Ein bisschen sieht es so aus, als hätte eine gewaltige außerirdischen Raumstation am Hang über der Stadt Quartier bezogen. Aber in friedlicher Mission.