Das Wrack der berühmten Lufthansa-Boeing 737 „Landshut“ wird in Friedrichshafen ausgestellt – aber nicht rekonstruiert Friedrichshafen: Eine Halle als letztes Reiseziel der „Landshut“

Von Claudia Kasemann

Die Passagiermaschine Landshut steht in einem Hangar am Bodensee Airport in Friedrichshafen. Die Boeing 737 war im Oktober 1977 von palästinensischen Terroristen entfürt und nach 5 Tagen auf dem Flughafen von Mogadischu in Somalia von der GSG 9, einer Spezialeinheit des Bundesgrenzschutzes, gestürmt worden. Foto: Felix Kästle/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Foto: dpa/Felix Kästle

Landshut. Eine schöne kleine Stadt in Niederbayern ist das, sehr sehenswert. Viele, wenn nicht die meisten Westdeutschen jenseits der 50 aber dürften mit dem Wort vor allem auch Erinnerungen an Fernsehbilder der Tagesschau verbinden. An Aufnahmen der gleichnamigen Boeing 737 der Lufthansa, entführt nach Dubai, in den Jemen, nach Mogadischu. An das einzelne Flugzeug mit dem Kranich am Heck im Wüstensand. An den Kapitän Jürgen Schumann, der von palästinensischen Terroristen erschossen wurde. Sein Schwarzweißfoto haben viele noch vor Augen, ebenso den besorgt dreinblickenden deutschen Regierungschef „in einer der schwersten Krisen seiner Amtszeit“, so beschreibt es die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung.

Wie die glückliche Befreiung der 82 Passagiere und vier Besatzungsmitglieder durch die Spezialeinheit GSG9 in Mogadischu verlief, lässt sich in zahlreichen Berichten nachlesen. Zur politischen Einordnung der Geschehnisse im Herbst 1977 gab und gibt es unterschiedliche Perspektiven, ebenso wie zum Flugzeug, dem nicht nur Betroffene eine nachvollziehbare, geradezu sentimentale Zuneigung entgegenbringen.

Das Flugzeugwrack, aus Fortaleza nach Deutschland geholt

Und zum Plan, was mit dem Wrack geschehen soll.

Eine, die über die Jahrzehnte die Erinnerung an die „Landshut“ wachgehalten hat, ist Ex-Flugbegleiterin Gabriele von Lutzau. „Die Maschine hat durchgehalten“, sagte sie in Interviews. Von Lutzau war auch dabei, als das mittlerweile verschrottete Flugzeug im brasilianischen Fortaleza begutachtet und der Plan gefasst wurde, es nach Deutschland zu holen. Das geschah auch: 2017 ließ der damalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Boeing 737 aus Brasilien an den Bodensee bringen.

Doch dann waren sich zu viele Entscheider und Geldgeber aus Politik, Kultur und Gesellschaft uneins darüber, was wo und wie das Wrack ausgestellt werden könnte – und vor allem, wie finanziert. So vergingen sieben Jahre. Nun scheint festzustehen, dass die geschichtsträchtige Boeing in Friedrichshafen bleiben soll.

Grundsätzlich eine gute Idee: Der Bodensee-Ort wurde schon für ganz andere Fluggeräte zum letzten Ziel: Im Dornier Museum Friedrichshafen lässt sich auf mehr als 6000 Quadratmetern Fläche eine spannende Reise durch 100 Jahre Geschichte der Luft- und Raumfahrt unternehmen: mit riesigen Flugbooten, nostalgischen Passagiermaschinen und Exponaten aus der Raumfahrt. Und das Zeppelin Museum präsentiert auf 4000 Quadratmetern Ausstellungsfläche seine weltweit größte Sammlung zur Luftschifffahrt – „als multimediale Erzählung lebendiger Geschichte, über mutige Menschen und technische Höchstleistungen“.

Umzug in eine Halle
auf dem Flughafen-Gelände

Die „Landshut“ befindet sich also in guter Gesellschaft. Mit einem Gabelstapler war der Rumpf von einem Hangar in eine etwa 450 Meter entfernte Halle auf dem Gelände des Flughafens gezogen worden. Dort soll das Wrack laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) im Rahmen einer Ausstellung mit dem Namen „Demokratieraum. Die Landshut in Friedrichshafen“ ab 2026 dauerhaft ausgestellt werden. Der Umzug in die Halle sei ein „Meilenstein“ und „sehr gut geglückt“, sagte Steffen Krautzig von der Projektgruppe Interdisziplinäre Bildung und Vermittlung „Landshut“ nach dem Transport des schmutzig-weißgrauen Flugzeugrumpfs.

Von einer Erwartung dürfte man sich indes verabschieden müssen: Die ehemalige „Landshut“ wird nicht in den optischen Zustand des Jahres 1977 versetzt. „Im Mittelpunkt steht die Bewahrung eines besonderen historischen Objekts mit einer wechselhaften Geschichte“, so die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Aus diesem Grund würden am neuen Standort zwar Teile wie Tragflächen und Heck montiert.

Geschichte des Flugzeugs
endete nicht 1977

Aber es wird eben keine Rekonstruktion als „Landshut“ geben, betont man bei der bpb, keine Neu-Lackierung: „Alle heute vorhandenen Spuren wären hierdurch verloren und es würde der Eindruck entstehen, dass die Geschichte des Flugzeugs 1977 geendet hätte.“

Das Konzept ist nicht unumstritten. Gerade Zeitzeugen und Betroffene hätten sich auch eine andere Art der Präsentation vorstellen können. Für das Projekt stellt der Haushaltsausschuss des Bundestags 15 Millionen Euro zur Verfügung. In den nächsten Schritten soll laut dem Projektteam die Halle für die Ausstellung vorbereitet und das Wrack vorbereitet werden.

Und wenn alles anders gekommen wäre? Wenn die Entführer das Flugzeug mitsamt seinen Insassen in Brand gesetzt hätten? Es viele Tote gegeben hätte? Wäre die Befreiungsaktion misslungen, wäre Schmidt als Bundeskanzler zurückgetreten, so die Stiftung rückblickend. „Den Vorgängen lag die Haltung zugrunde, nicht mit Terroristen zu verhandeln, auf ihre Forderungen nicht einzugehen, den Staat nicht erpressbar zu machen. Schmidts Botschaft damals: ,Der Staat muss [auf den Terrorismus] mit aller notwendigen Härte antworten.“

Ein Satz, den nicht wenige in die heutige Zeit mit ihren anderen Herausforderungen übertragen würden. Das alte Flugzeug jedenfalls steht symbolisch für die Zeit des Deutschen Herbstes – man darf gespannt sein auf die künftige Ausstellung. Mit der die „Landshut“ dann nicht mehr nur eine wechselvolle Geschichte haben könnte, sondern auch eine Zukunft. Mit Material von dpa