Als die Nazis die Krefelder Politik ausschalteten
Nach den Wahlen im März 1933 rissen die Nazis die Macht in Krefeld an sich.
Krefeld. Mehr als ein Fünftel des über 700 Seiten umfassenden fünften Bandes der Stadtgeschichte nimmt die Zeit des Nationalsozialismus und der Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf Krefeld ein. Die Autoren sind Dieter Hangebruch, Erik Oschek und Burkhard Ostrowski. Im Vorwort stellt Hangebruch fest: „Es ist kennzeichnend für den Nationalsozialismus, dass der totale Herrschaftsanspruch wie niemals zuvor in allen Bereichen menschlichen Lebens durchgesetzt wurde und selbst Umwälzungen im Gefolge der französischen Revolution weit in den Schatten stellte.“
Nationalsozialisten in Krefeld gab es schon ab 1925 als Ortsgruppe. Lange Jahre aber wurden sie nur als rechtsextreme Splittergruppe wahrgenommen. Ähnlich wie ihre heutigen Anhänger „hatten sie nichts Anderes zu bieten, als alle nur möglichen Vorurteile und Ressentiments zu bedienen“, stellen die Autoren fest. Eine weitere aktuelle Parallele: Die Nazi-Demagogie fand bei den zahlreichen arbeitslosen und Armen jener Zeit mehr und mehr Gehör.
Im Zeitraum 1932/33 schätzen die Autoren die Zahl der von der Wirtschaftskrise betroffenen Arbeitslosen und Fürsorgeempfänger auf rund 32.000 bis 40.000, was etwa 20 bis 25 Prozent der Einwohner entspricht. Ähnlich dem Konjunkturpaket der Bundesregierung startete auch die damalige Reichsregierung ein Programm zur Arbeitsbeschaffung. Krefeld beantragte 1933 rund drei Millionen Reichsmark aus diesem Topf. Grob umgerechnet waren dies rund zwölf Millionen Euro.
Die Wahlen zum Stadtrat im März 1933 brachten keineswegs den Durchbruch der Nationalsozialisten zur Macht im Rathaus. Den 22 NSDAP-Mandaten und den fünf Deutschnationalen standen das Zentrum (16), KPD (6) und SPD (5) gegenüber, waren also gleich stark. Allerdings wurden die kommunistischen Stadtverordneten zur ersten Sitzung des neuen Stadtrates am 6. April 1933 gar nicht mehr eingeladen. Sie befanden sich entweder schon in Haft oder auf der Flucht. SPD-Stadtrat Fritz Lewerentz (Lewerentzstraße) verzichtete aus Protest auf sein Mandat.
Zur Sitzung marschierten SA und der paramilitärische „Stahlhelm“ auf. Erster Antrag der Nazis war die Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Adolf Hitler. Die Rheinstraße wurde im April in „Adolf-Hitler-Straße“ umbenannt, ab Mai ordnete die Verwaltung den „Deutschen Gruß“ für alle Beamten an. Die Beigeordneten Arthur Mebus (Rechnungswesen) und Walter Beyer (Rechtsangelegenheiten) waren zum Rücktritt aufgefordert worden. Beyer wiedersetzte sich und wurde so schwer angegangen, dass er am 13. April 1933 Selbstmord beging. Nazi-Kreisleiter Wilhelm Becker verkündete schließlich im Juli die Ablösung des Oberbürgermeisters Hüpper durch Dr. Aloys Heuyng.
Maßgeblich dazu beigetragen hatten die Industriellen Walter Feltgen und Paul Kleinewefers sowie Dr. Heinz Gehm (Edelstahlwerk). Beim Pferderennen im Juli 1933 einigten sie sich auf Aloys Heuyng. Der neue Oberbürgermeister war vorher Syndikus (Anwalt) beim Verband der Metallindustriellen des linken Niederrheins und der NSDAP erst 1932 beigetreten.
Becker selbst ernannte sich zum Kommissar für das Presseamt. Weitere NSDAP-Kommissare: Arno Buschmann, Franz Schneller, Dr. Emil H. Diehl, Karl Everhardt, Heinz Krappen, Eduard Mommertz.
In Uerdingen wurde Bürgermeister Dr. Wilhelm Warsch bereits im März 1933 abgesetzt und kommissarisch durch den ehemaligen Bürgermeister Friedrich Aldehoff ersetzt. Im weiteren Verlauf setzten die Nazis die förmliche Eingemeindung Uerdingens nach Krefeld durch. 1940 hieß auch Uerdingen nur noch „Krefeld“.