Das große Geschäft mit der Erotik
Wirtschaft: Die amerikanische Firma Hustler vertreibt von Oppum aus insbesondere DVDs und andere Artikel nach ganz Europa.
Krefeld. Es tanzen weder halbnackte Mädchen durchs Haus, noch begutachtet der Chef den ganzen Tag Pornofilme. Der Lagerverwalter hat für die aufreizenden Titel der DVDs in den Regalen auch kaum einen Blick übrig. "Was haben Sie erwartet?", fragt Geschäftsführerin Helen Clyne und kann das Schmunzeln nicht unterdrücken: "Wir sind ein ganz normaler Vertrieb."
Na, Ja. So ganz normal auch wieder nicht. Das Besondere der Firma an der Bischofstraße 101 in Oppum ist der Name und das, was dahinter steckt. "Hustler Europe" steht auf dem Firmenlogo und Hustler hat viele Bedeutungen.
Oppum hat mit Oslo oder Odessa gemeinsam, eine Europazentrale des amerikanischen Konzerns zu sein. Larry Flynt gründete ihn in Beverly Hills, als er 1974 das Pornomagazin "Hustler" auf den Markt brachte und Blättern wie Penthouse oder Playboy die Stirn bot. Sein buntes und bewegtes Leben war Milos Forman einen Film wert. Er drehte vor zwölf Jahren "Die nackte Wahrheit" und erreichte damit eine Oscar-Nominierung.
"Vor knapp zwei Jahren kam Jeff Hawkins als Präsident von Beverly Hills nach Beverly Hüls", scherzt Geschäftspartnerin Clyne. "Es gefällt uns sehr gut hier und in Hüls, wo wir wohnen." Es fehlen zwar die Palmen im Stadtbild, dafür sei das Bier besser, sagt "Mister President" in gebrochenem Deutsch.
Noch ist die Oppumer Zentrale zwischen Milchwirtschaft und BMW Vertriebszentrum im Aufbau. Clyne: "Wir fangen langsam an und sind in der Expansionsphase. Rund 150 000 DVDs lagern auf 200 Quadratmetern. Fünf Mitarbeiter sind an der Bischofstraße beschäftigt. Die Lastwagen kommen und fahren wieder. Der jährliche Umsatz ist bisher noch sechsstellig."
Die guten Anbindungen an die Flughäfen Düsseldorf und Köln und an die Autobahn 57 haben den Ausschlag für den Firmensitz gegeben. Außerdem sei die Gewerbesteuer niedriger als in den großen Nachbarstädten. "Es ist gutes Geld mit Erotik in Deutschland zu verdienen, es ist der größte Markt, aber keiner gibt es zu", sagt Clyne, die aus England stammt, aber schon lange in Deutschland arbeitet. "Sex sells".
Mit der Zeitschrift haben die Mitarbeiter in Oppum nichts zu tun. "Verlagswesen betreiben wir nicht." Dafür steht der Vertrieb der Erotik-DVDs. Die Verteilung von tragbarer Mode wie Bikinis, Unterwäsche, T-Shirts und Käppis meist mit dem Hustler-Logo versehen, läuft an und ab 2010 soll erotisches Spielzeug von Oppum aus nach Europa, vornehmlich in die Benelux-Länder transportiert werden.
Die größte Aufregung in der kurzen Zeit an der Bischofstraße in Oppum war der Besuch von Larry Flynt höchstpersönlich Anfang des Jahres (WZ berichtete). Der Firmengründer landete mit seinem Privatjet in Düsseldorf, wurde von seinen Leibwächtern aus der Mercedes-Limousine in den Rollstuhl gehoben und sah sich dann hier alles genau an. "Er hat überhaupt keine Allüren", sagt Clyne und erzählt, dass Flynt das Krefelder Schwarzbrot vom Autohändler von nebenan genauso genossen habe, wie das zweite Pils in der Hülser Pizzeria. "Das muss ihm gut geschmeckt haben, denn sonst ist er sehr enthaltsam."