Die Mittagsglosse: Wir essen die eierlegende Wollmilchsau

Krefeld. „Bäh — das sind Igitt-Bällchen!“ Mit diesen Worten habe ich als Kind den Teller mit dem Rosenkohl weggeschoben und meiner Mutter einen empörten Blick zugeworfen. Die Verhandlungen beim Mittagessen gestalteten sich danach zäh.

Noch drei Rosenkohl, dann gab es noch Nachtisch. Bei zehn einen Monat ohne Rosenkohl.

20 Jahre später hat sich eigentlich nicht viel geändert, wenn es in der Redaktion darum geht, was denn auf den Mittagstisch kommen soll. Jeder hat seine persönlichen Igitt-Bällchen. Die eine schiebt beleidigt die Tastatur beiseite, wenn es Fisch gibt. Daneben sitzt eine Vegetarierin und der nächste Kollege würgt allein bei dem Gedanken an asiatische Küche. Irgendwann heißt es: Der Hungrigere gibt nach. Dann muss die Vegetarierin halt ein Ferkelgewicht an Speck aus ihrem Eintopf picken. Nur scheint es leider so, dass verwöhnte Kinder jeden Tag neue Abneigungen entdecken. Flammkuchen? Zu dünn! Currywurst? Zu ungesund! Indisch? Gehört zum asiatischen Kontinent und ist damit tabu. Ja, richtig gelesen: Ein ganzer Kontinent wurde von unserer kulinarischen Weltkarte ausradiert.

Als neulich eine Kollegin anmerkte, dass sie Penne ja gerne mag, aber Farfalle nicht über die Lippen kriegt, musste ich an meine Mama zurückdenken. Was sie wohl dazu gesagt hätte? Ich denke, die Verhandlungen wären auf unbestimmte Zeit eingestellt worden.