Engelbert vom Bruck : Ein aufgeklärter Patriot
Engelbert vom Bruck hielt 1798 seine „Rede über Patriotismus und Toleranz“. Er war für die Freiheit und gegen den Krieg.
Krefeld. Patriotismus erlebt in Deutschland — gerade nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 — einen Aufschwung. Es ist aber nicht nur der Eventcharakter beim Public Viewing, der sich als Merkmal herausgebildet hat. Moderner Patriotismus gilt als aufgeklärt, weltoffen und stellt das eigene Land nicht über andere.
Für die Krefelder Bürger stellte sich die Frage nach patriotischer Einstellung während der französischen Besatzungszeit. Der in Krefeld lebende Aufklärer Engelbert vom Bruck liefert mit seiner am 18. Juni 1798 gehaltenen „Rede über Patriotismus und Toleranz“ einen Einblick in die Gefühlswelt der aufgeklärten Kreise der Stadt. Diese konnten sich mit den Freiheitsidealen der Französischen Revolution durchaus identifizieren.
Vom Bruck war kein gebürtiger Krefelder, sondern stammte aus Elberfeld. 1762 kam er erstmals im Auftrag seines Onkels nach Krefeld. Zehn Jahre später erhielt er hier das Bürgerrecht.
Die Seidenstadt sah sich mit der Französischen Revolution schon einige Jahre nach der Erstürmung der Bastille konfrontiert. Nachdem es 1792 zum Krieg gekommen war, marschierten im Dezember desselben Jahres erstmals französische Truppen in die Stadt ein. Am 9. Oktober 1794 wurde das Rheinland — und damit auch Krefeld — endgültig besetzt.
Im folgenden Jahr fiel schließlich das gesamte linksrheinische Gebiet an die französische Republik. Daraus resultierte ab Ende 1797 die allmähliche Eingliederung der besetzten Gebiete in das revolutionäre Frankreich.
Unter dem Eindruck dieser Vorgänge hielt Engelbert vom Bruck seine „Rede über Patriotismus und Toleranz“. Vom Bruck war insgesamt ein politisch inaktiver Bürger, aber als Aufklärer war er Anhänger des französischen Freiheitsideals. Diese Freiheit mit dem Ziel eines mündigen Bürgers war eines der Hauptthemen der aufklärerischen Kreise. Der mündige, freie Bürger lehnt demnach jede Form der Bevormundung durch den Staat ab. Der damit verbundene demokratische Grundgedanke war es auch, der vom Bruck an der Französischen Revolution faszinierte.
In der Rede hebt er die Revolution als Beispiel für Europa hervor. Er ahnt sogar, dass sie „in künftigen Jahrhunderten nicht ohne die nützlichsten Folgen sein wird“. Ein Freiheitstaumel habe jeden ergriffen, der die Monarchie nicht mehr für zeitgemäß halte. Vom Bruck begrüßt, wie erwähnt, die Idee der Revolution, verurteilt aber die Entwicklung hin zum Krieg: mit einem friedlicheren Fortgang der Ereignisse wäre die Wirkung auf die Völker Europas weitaus größer gewesen und hätte sie nicht zum „Rachdenken“ gegen Frankreich ermuntert.
Angesichts ihres eigentlichen Freiheitsdrangs dürfe man die Franzosen jetzt aber nicht als Barbaren beschimpfen und die demokratischen Errungenschaften verurteilen. Wichtig für eine patriotische Haltung sei vielmehr, dass „wir nicht ungerecht gegen andere Völker sind“. Vernünftiger Patriotismus verlange geradezu, dem ehemaligen Feind als Freund zu begegnen. Da die Abtretung des linken Rheinufers endgültig sei, müssten sich die Krefelder in ihr Schicksal fügen und die Idee von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit schätzen lernen. Für vom Bruck sind dies die Eckpfeiler, die er nun auch in Krefeld umgesetzt sehen will.
Und er träumt von einer Welt, in der Nationalhass und Eifersucht keine Rolle mehr spielen, in der „alle Völker der Erde“ sich immer mehr annähern.
Vom Bruck definiert den Patrioten als jemanden, der das Wohl seiner Heimat in den Mittelpunkt seines Denkens und Handelns stellt. Das Wohl für die Stadt Krefeld liegt nach seiner Überzeugung darin, sich von nun an als Teil der französischen Republik zu verstehen. Gemeinsam könne man eine demokratische Ordnung aufbauen und für eine friedliche Zukunft sorgen.
Doch der Wunsch nach einem friedlichen Miteinander unter französischer Führung war eigentlich schon zum Zeitpunkt seiner Rede utopisch. Eine gewisse Voreingenommenheit und Verklärung der französischen Herrschaft wurde vom Bruck daher auch von Zeitgenossen vorgeworfen.
Gegen Ende der französischen Besatzung machte sich zudem Unzufriedenheit unter den Krefelder Bürgern breit — wegen der Zensur konnte diese aber nicht offen artikuliert werden. Von einer Freiheit Bruckscher Vorstellung konnte dann sicherlich keine Rede mehr sein. Gleichzeitig gilt aber auch, dass während der Franzosenzeit Krefelds Weg zur Großstadt geebnet wurde.
Das wirkliche Ende der französischen Herrschaft in Krefeld hat vom Bruck nicht mehr miterlebt — er starb am 21. März 1813, wenige Monate vor der Völkerschlacht bei Leipzig, die auch den Untergang der französischen Herrschaft am Niederrhein einleitete. Red