Flachsmarkt-Mitgründer von Frentz: „Handwerker müssen gepflegt werden“

Flachsmarkt-Mitgründer Helmer Raitz von Frentz hat sich nach 38 Jahren in die zweite Reihe zurückgezogen. Der 82-Jährige blickt auf die Anfänge zurück.

Krefeld. Der Flachsmarkt hat im wahrsten Sinne des Wortes schon so manchen Sturm überstanden. Die tolle Veranstaltung entstand 1975 aus einer Bierlaune heraus und kann sich heute damit schmücken, der größte Handwerkermarkt Deutschlands zu sein.

Der Macher des Volksfestes, Helmer Raitz von Frentz (82), hat in diesem Jahr den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft Flachsmarkt an seinen Sohn Alexander (42) weitergegeben. Die WZ blickte mit dem Senior auf knapp 40 Jahre Flachsmarkt zurück.

Herr Raitz von Frentz, wie hat alles angefangen?

Helmer Raitz von Frentz: Als unser Haus in Linn fertig umgebaut war, haben meine Frau und ich Handwerker und Nachbarn zu einem Fässchen Bier und Würstchen eingeladen. Einer spielte dazu auf dem Schifferklavier und aus der guten Stimmung heraus entstand die Idee, einen Markt zu veranstalten. Dass wir damit einmal eine jahrhundertealte Tradition für Jahrzehnte lebendig werden lassen würden, wussten wir damals noch nicht.

Den Flachsmarkt gab es wirklich?

Raitz von Frentz: Der Flachsmarkt entstand 1315, als Linn zur Stadt erhoben wurde. Es war ein Tauschmarkt, der mehrmals im Jahr stattfand. Mittelpunkt war der Andreasmarkt. Er wurde 1903 aufgegeben, als die Linner Bauern keinen Flachs mehr anbauten.

Auf dem Andreasmarkt fand auch der erste Markt der Neuzeit statt?

Raitz von Frentz: Ja, am Tag des heiligen Andreas am 30. November, nach der Ernte. Wir begannen mit 20 Ausstellern. Da war es aber so kalt, dass wir auf Pfingsten auswichen, auch um mehr Zeit zu haben. Gleich beim ersten Mal war es richtig voll. Heute zählen wir über 300 Stände.

Achim Rhode, Burkhard Hirsch, Walter Scheel, Jürgen Möllemann und Fritz Behrens — die Liste der Schirmherren liest sich wie ein Who is Who der Politik.

Raitz von Frentz: Ja, sie waren uns immer wohlgesonnen. Es floss mancher namhafte Betrag nach Linn und in die Museen. Und als die Stadtverwaltung den fünften Flachsmarkt vier Tage vorher nicht genehmigen wollte, schickte Rhode einen „Reitenden Boten“ und ordnete die Angelegenheit. Möllemann schwebte sogar am Fallschirm ein. Und Hansheinz Hauser, Krefelds Ex-Oberbürgermeister, war für jeden Spaß zu haben.

Die Handwerker kommen gerne nach Krefeld?

Raitz von Frentz: Ja, aber sie müssen gepflegt werden. Zweimal am Tag gibt es Kaffee und nachmittags spendieren wir noch ein Stütchen dazu. Sie haben selbst viele Wünsche. Manche wollen Licht, andere Schatten, und wieder andere möchten ihren Stand nahe der Toilette haben. Das alte Handwerk wird rarer. Heute kommen die Aussteller aus halb Europa.

Sie haben auch schon Katastrophen überstanden.

Raitz von Frentz: Das war 2003. Bei strahlendem Sommerwetter erhielten wir die Nachricht eines wahrscheinlich drohenden Unwetters und wurden gezwungen, innerhalb kürzester Zeit, eine Entscheidung zu treffen. In Sorge um die Besucher, die Handwerker und ihre wertvollen Ausstellungs- und Verkaufsstücke, die Menschen und Tiere, die an den Ritterspielen beteiligt waren und die rund 13 000 Besucher ließen wir das Gelände innerhalb von 30 Minuten räumen. Es war die richtige Entscheidung. Nach dem Gewitter stand das Wasser 15 Zentimeter hoch. Unser Sicherheitskonzept hat sehr gut funktioniert, keiner ist zu Schaden gekommen.

Sie haben jetzt den Vorsitz abgegeben, sind Ehrenvorsitzender, aber weiterhin mit dem Flachsmarkt verbunden.

Raitz von Frentz: Ja sicher. Wir wollen uns aber verjüngen. Mein Sohn Alexander wurde zu meinem Nachfolger gewählt. Er ist seit langer Zeit schon Marktmeister und an vorderster Front tätig.

Wie sieht es für die organisierenden Familien Raitz von Frentz und Kevenhörster und die Vereine, die den Flachsmarkt möglich machen, in Zukunft aus?

Raitz von Frentz: Nach dem Flachsmarkt ist vor dem Flachsmarkt. Er ist eine Ganzjahresbeschäftigung.