Soziales Jahr: „Es kommt viel Gefühl zurück“

Zwei junge Krefelder beschreiben, was sie mit behinderten Schülern erleben.

Krefeld. Thimo Lorenz ist noch ganz erfüllt von den Stunden, die er gerade in der Schule verbracht hat: „Sport ist das Highlight der Woche!“ sagt der 21-Jährige. Er kommt direkt von der Gerd-Jansen-Schule zum Gesprächstermin, wo er ein Soziales Jahr absolviert.

An dieser Förderschule lernen Kinder und Jugendliche mit körperlichen Behinderungen. Und Thimo ist für eine ganze Klasse von neun Schülern im Alter von 15-16 Jahren zuständig. „Ich helfe aus, wo es nötig ist“, sagt er. „Wir lernen gerade die Uhrzeiten.“ Flexibilität ist bei ihm gefragt und die Umstellung auf ganz neue Herausforderungen: „Ich habe noch keinen Tag bereut, und ich lerne ganz viel kennen.“

Scheu hatte Thimo anfangs davor, die Jugendlichen wickeln zu müssen: „Aber nach dem ersten Mal war das kein Problem mehr.“ Auch für den Sport hebt er seine Schützlinge aus dem Rolli und hilft ihnen auf das Trampolin: „Ich merke, wie sie es genießen, ihren Körper einmal anders zu spüren.“ Zu Thimos weiteren Aufgaben gehört es, das Frühstück vorzubereiten, den Schülern das Essen anzugeben, für ausreichendes Trinken zu sorgen.

Thimo ist über seinen Bruder zur Lebenshilfe gekommen. Zunächst war er stundenweise dabei und entschloss sich dann zu einem ganzen Jahr: „Ich mache das auch für mich“, sagt er: Seine Zuwendung zu den jungen Menschen mit Behinderung bereichert auch sein Leben.

Genauso ergeht es der 20-jährigen Hanna Gabriel. Sie gehört zu den 14 Integrationshelfern an der Gerd-Jansen-Schule. Von ihrem Team aus Freiwilligen waren Hanna und Thimo gleich begeistert. „Das ist vom ersten Tag an eine gute Gruppe“, sagt Britta Kronenberg von den Flexiblen Familienhilfen (FFH) der Lebenshilfe. Sie nimmt mit ihrer Kollegin Meike Erben die Bewerbungen für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den Bundesfreiwilligen Dienst (BFD) entgegen und koordiniert die Dienste der jungen Leute.

Hanna Gabriel hat sie als Begleiterin für einen Schüler eingesetzt. „Die Arbeit mit den Kindern gefällt mir gut“, sagt Hanna. „Man hat viel Spaß.“ Das liegt unter anderem auch an den Gefühlen, die von den Schülern zurückkommen: „Die Kinder merken, dass wir unsere Arbeit gern machen“, spürt Hanna. „Ich bin für den Jungen da, wenn er morgens in die Schule gebracht wird“, sagt sie und begleitet ihn auch danach die ganze Zeit.

Sie pflegt engen Kontakt zu dessen Familie — in den Ferien war sie zur Geburtstagsfeier mit der ganzen Verwandtschaft eingeladen. Für Hanna ist das Feld ganz neu: „Ich hatte vorher noch nie mit Körperbehinderten zu tun.“ Ihr Vorgänger im FSJ hat ihr alles erklärt, und manchmal erinnert ihr Schützling sie daran, was gemacht werden muss. „Ich versuche, ihn mehr zur Selbständigkeit zu bringen“, sagt Hanna. „Aber er braucht jemanden, der hinterher guckt.“

Dass Hanna auch bei den Mitschülern beliebt ist, wurde jetzt ganz deutlich: Ein Mädchen aus der Klasse kann nur in kurzen Silben sprechen und hat zwei neue gelernt: „Sie kann jetzt ‚Hanna‘ sagen, das ist schön.“

Die junge Frau hat durch das Soziale Jahr ihr Berufsziel gefunden: Hanna hat einen Studienplatz für Sonderpädagogik an der Hochschule in Köln bekommen, fängt im Wintersemester an.