Frauen-Fußball in Krefeld: Ein Sport eben nicht nur für Männer
Johanna Lange spielt schon ihr ganzes Leben lang Fußball. Von der Frauen-WM erhofft sie sich mehr Akzeptanz für das Spiel.
Krefeld. Fußball spielende Mädchen haben es nicht immer leicht — schon gar nicht, wenn sie Talent besitzen. Diese Erfahrung musste auch Johanna Lange in ihrer Kindheit machen: „Ich habe immer mit Jungs auf der Straße und auf dem Schulhof Fußball gespielt. Aber irgendwann wollten sie mich nicht mehr dabei haben — weil ich besser war als sie.“
Im dritten Schuljahr meldeten sie ihre Eltern, die die Sportwahl ihrer Tochter unterstützen, beim ASV Lank an. Hier wurde zwar auch mit Jungs gekickt — eine Mädchenmannschaft gab es noch nicht — aber das Problem der Ausgrenzung war fürs erste behoben.
Mit 13 wechselte Johanna Lange in die neu gegründete Mädchenmannschaft des Vereins. Dieses Glück währte jedoch nicht lange: Drei Jahre später — zu alt für die Mädchenmannschaft, eine Damenmannschaft gab es in der Nähe nicht — stand sie vor der Frage: Wohin? „Die meisten Mädchen die ich kannte, haben in dieser Zeit aufgehört zu spielen. Es gab keine Spiel-Möglichkeit für uns“, erzählt die heute 30-Jährige.
Ein ganzes Jahr lang „eierte“ sie herum und wusste nicht recht wohin mit ihrer Fußballbegeisterung. Dann die Erlösung: Mit dem Führerschein in der Tasche, rückte die Damenmannschft des Linner SV in erreichbare Nähe.
Während des Studiums in Siegen blieb sie ihrem Verein treu, trainierte in der Studienstadt und spielte am Wochenende in Linn. Nach einem Wechsel zum 1. FFC Ratingen stieg sie sogleich in die Verbandsliga auf.
Trainiert wurde nun mehrmals in der Woche, die Spiele fanden regelmäßiger statt, der Druck wuchs — aber nicht nur in sportlicher Hinsicht. Auch beruflich machte sie den Aufstieg perfekt: Das Referendariat als Grundschullehrerin beendet, die erste Stelle an einer Schule — eine weitere Herausforderung. Eine Entscheidung war unumgänglich: Fußballspielen oder Kinder unterrichten.
Sie entschied sich für den Posten als Kapitän im Klassenzimmer. „Ich war früher sowieso immer der Ansicht, dass man mit Fußball spielen kein Geld verdienen kann, also wählte ich etwas Bodenständiges.“ Und sie wechselte wieder zurück zum Linner SV.
Die Spiellust ebbte jedoch ein wenig ab. „Mein Freund fand es eher peinlich vor seinen Freunden, dass seine Freundin einen Männersport ausübt.“ Verunsichert durch die Ablehnung des Hobbys entschied sie sich daher immer öfter für einen Abend auf der Couch und gegen das Kicken mit ihrer Mannschaft.
Nachdem das Liebesglück zerbrach, bandelte sie wieder mit dem Mannschaftssport an. Sie setzte sich dafür ein, eine zweite Mannschaft im Linner SV zu gründen. „Viele Frauen mit wenig Zeit, mit Kindern oder familiären Verpflichtungen sollten die Möglichkeit haben zu spielen“, erklärt sie ihre Initiative. „Außerdem ist es uns wichtig, der ersten Mannschaft im Verein Rückhalt zu bieten. Bei uns ist der Druck nicht ganz so groß.“
Auch im beruflichen Bereich stellt sie Verknüpfungen mit dem Sport her: Vor zwei Jahren gründete sie eine reine Mädchen-Fußball-AG in ihrer Schule in Duisburg. „Ich konnte mich vor Anmeldungen dafür kaum retten“, sagt Lange. „Mädchen-Fußball ist total im Kommen. Es sollte einfach nicht mehr verpönt sein, wenn man als Mädchen Fußball spielt. Man kann was erreichen, wenn man kämpft. “
Den Erfahrungen aus ihrer Kindheit will sie mit viel Engagemant vorbeugen. So hat sie bei dem DFB-Projekt „Team 2011“ mitgewirkt und meldet ihre Schülerinnen regelmäßig bei Stadt- und Schulmeisterschaften an.
Darüber, dass die Frauen-Fußballweltmeisterschaft ab Sonntag in Deutschland ausgetragen wird, freut sie sich. „Ich halte Frauenfußball für technisch hochwertiger“ sagt sie. „Männerfußball ist härter, mit mehr Zweikämpfen. Bei den Frauen sieht man mehr die Spielzüge.“ Generell dürfe man aber Frauenfußball mit Männerfußball nicht vergleichen. „Der körperliche Unterschied ist zu gravierend.“
Sie hofft auf eine kleine WM-Euphorie und ein gutes Abschneiden der deutschen Frauen. „Ich denke, es wird sich durch die WM etwas im Bewusstsein der Menschen verändern. Viele Muffel, die auf der Couch liegen und in ein Spiel schalten, müssen erkennen, dass sich im Frauenfußball viel getan hat in den letzten Jahren.“ Dann haben es auch begeisterte Kinder wie einst Johanna Lange nicht mehr so schwer .