Kultur: Flicken reicht nicht — Samt und Seide brauchen Pflege

Schwieriges Jahr für Textilmuseum und Haus der Seidenkultur — doch aus den Tiefpunkten entsteht Hoffnung.

Krefeld. Samt und Seide sind empfindliche Stoffe, sie benötigen Pflege und Zuwendung. In dieser Hinsicht hat sich die Stadt Krefeld, die ihre edle textile Vergangenheit so gern im Namen trägt, im Jahr 2011 der groben Vernachlässigung schuldig gemacht.

Die zwei wichtigsten Zeugnisse jener Ära, auf der Krefeld im wahrsten Sinne gebaut wurde, erlebten rabenschwarze Jahre. Das Haus der Seidenkultur wurde im Herbst wegen Brandschutzmängeln von der Bauaufsicht geschlossen. Und das Textilmuseum war ein komplettes Jahr ohne Leiterin und musste mit einem jämmerlichen Ausstellungsetat von 16 000 Euro auskommen.

Paradoxerweise entstand aus diesen Tiefpunkten neue Hoffnung. Mit Annette Paetz genannt Schieck wurde im Dezember eine neue Direktorin für das Textilmuseum gewählt — mit breiter Mehrheit, ohne große Querelen. Ähnlich einmütig wird der Beschluss ausfallen, den Etat um 10 000 Euro zu erhöhen. Große Sprünge lassen sich damit nicht machen, schon gar nicht im jetzigen Gebäude. Aber immerhin kam das dringend nötige Signal, dass dieses Museum der Stadt wichtig ist. Das ist ein Anfang.

Deutlich kräftiger schwappte die Welle der Solidarität für das Haus der Seidenkultur. Binnen weniger Monate sammelte der umtriebige Förderverein um Hansgeorg Hauser, auch dank des persönlichen Einsatzes von Oberbürgermeister Gregor Kathstede, über 250 000 Euro für die Sanierung. Das sind rund drei Viertel des benötigten Geldes. Für die Übergangszeit kommt das kleine Museum im Südbahnhof unter — ein Beispiel gelebter Solidarität im Kulturbereich.

Doch diese positiven Zeichen täuschen nicht darüber hinweg, dass Flicken und Löcherstopfen den edlen Textilien auf Dauer nicht gerecht werden. Die Seidenstadt wird neu über sich nachdenken müssen.