SPD-Spendenaffäre: Was wusste NRW-Innenminister Ralf Jäger?

Eine anonyme „Strafanzeige“ sorgt für mächtig Wirbel. Ein Zeuge erinnert sich an ein Treffen mit dem Anwalt Lothar Vauth.

Düsseldorf. Der „Jäger 90“ wird zum Gejagten. NRW-Innenminister Ralf Jäger, zu SPD-Oppositionszeiten bekannt für seine schnell geschossenen Rücktrittsforderungen, sieht sich in der SPD-Spendenaffäre weiter mit massiver Kritik konfrontiert.

Die CDU hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aufgefordert, einzuschreiten. „Sie muss sich entweder hinter ihn stellen oder ihren Minister entlassen“, sagt CDU-Generalsekretär Oliver Wittke.

Jäger wehrt sich. „In den letzten Monaten habe ich verschiedene anonyme Briefe erhalten, die ich unverzüglich an das Landeskriminalamt weitergeleitet habe“, sagt der Innenminister. Er wolle sich nicht verleumden lassen.

In diesem Zusammenhang spricht Jäger die Übergabe von Briefumschlägen an, die er von einem Boten aus der Krefelder Kanzlei von Lothar Vauth erhalten haben soll. Vauth gilt als Drahtzieher der Affäre. Solche Übergaben habe es nie gegeben, so Jäger. Auch der Behauptung, er habe in Duisburg mit Vauth über Aufträge für dessen Kanzlei gesprochen, widerspricht er.

Das steht im Gegensatz zu anderen Aussagen. Wie die ehemaligen Kanzleikollegen von Vauth ermittelt haben, sei Bote Rolf S. mehrfach im Auftrag von Vauth bei Jäger gewesen und habe Kuverts überbracht. Und Zeuge des Treffens Jäger-Vauth in Duisburg soll der ehemalige Kanzlei-Gesellschafter Lukas Siebenkotten sein, seit 2008 Direktor des Deutschen Mieterbundes.

Gegenüber seinen Ex-Kollegen hatte er erklärt, er sei Ende 2007 bei dem Treffen in einem Duisburger Lokal dabei gewesen. Man habe über Mandate gesprochen, allerdings nicht über Spenden. Diese Aussage und ihre sonstigen internen Ermittlungen haben die ehemaligen Vauth-Kollegen der Krefelder Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt. Das Schreiben liegt unserer Zeitung vor.

Zum gleichen Zeitpunkt bekam die Staatsanwaltschaft Krefeld eine sogenannte „Strafanzeige“ zu Gesicht. In der werden Vorwürfe gegen die NRW-SPD wegen „illegaler Parteienfinanzierung und Korruption“ erhoben. Bemerkenswert: In dem Schreiben sind profunde interne Kenntnisse aus der „roten Kanzlei“ und aus der Führungsstruktur der SPD zu erkennen.

Diese „Anzeige“ kursiert seit 2010 bei Medienvertretern und offenbar auch der CDU, sie war nur nie an die zuständige Ermittlungsstelle gegangen. Das bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft. „Mit konkreten Namen können wir jetzt den Vorwürfen nachgehen“, sagte ein Sprecher der Krefelder Staatsanwaltschaft. Man befinde sich aber nur auf dem Stand von Vorermittlungen.

Denn für die Staatsanwaltschaft sei der derzeitige Wirbel um Parteispenden ein „Nebenkriegsschauplatz“. Um viel Geld geht es im eigentlichen Prozess gegen Vauth, ihm wird Untreue vorgeworfen. Das Verfahren schleppt sich seit über zwei Jahren hin — ohne Anklage. Allerdings gebe es Bewegung: Vauth habe sich erstmals „bequemt“, über seinen Anwalt Stellung zu beziehen.