Adolf Sauerland vor Gericht Loveparade-Prozess: Warum Sauerland sich nicht entschuldigt
Im Loveparade-Prozess setzen die Anwälte der Nebenkläger den früheren Duisburger Oberbürgermeister unter Druck.
Düsseldorf. Worte der Entschuldigung findet Duisburgs früherer Oberbürgermeister Adolf Sauerland wieder nicht - am zweiten Tag seiner Zeugenvernehmung im Loveparade-Prozess, in dem es um die Verantwortlichkeit für 21 Getötete und mehr als 650 Verletzte geht. „Nicht das, was wir in Duisburg als Verwaltung gemacht haben, hat zu der Katastrophe geführt“, sagt er.
Dem Anwalt eines Nebenklägers, der seinen Sohn bei der Loveparade am 24. Juli 2010 verloren hatte, reicht das nicht. Er fragt, ob Sauerland vielleicht eine Nachricht persönlicher Art habe, die er seinem Mandanten überbringen könne. Wie vorbereitet wirkt da die Antwort des früheren Stadtoberhaupts, in der er das Wort Entschuldigung vermeidet: „Für alle Betroffenen hoffe ich, dass sie die Stärke haben, alles zu verkraften und hoffe, dass sie noch viele finden werden, die ihnen bei ihrem Weg in eine Halbwegs-Normalität helfen.“ Er selbst in seiner Position könne das nicht mehr, er könne keine Gelder sammeln. „Sollte ich irgendwann die Möglichkeit bekommen, Gelder zu sammeln, werde ich Sie dabei unterstützen“, sagt er. Sauerland ist 62 Jahre alt und Pensionär.
Ein anderer Nebenkläger-Anwalt will sich damit nicht zufrieden geben. Will wissen, ob Sauerland denn alles wieder so machen würde. Der will diese hypothetische Frage zunächst gar nicht beantworten. Aber dann reagiert der über die vielen Stunden seiner Vernehmung so kontrolliert wirkende Mann doch ein Stück weit emotional: „Dass das so passiert ist, ist hochtragisch, das tut mir unheimlich leid für diejenigen, die ihre Kinder verloren haben und die heute noch darunter leiden.“ Warum er sich denn nicht entschuldige, bohrt ein anderer nach. Eine Entschuldigung sei für ihn in einem solchen Fall „nicht adäquat“, antwortet Sauerland. Er habe sich vorgestellt, selbst ein Kind bei der Loveparade verloren zu haben. Da wäre es ihm darum gegangen, dass die Verantwortlichen ermittelt werden.
Auf die Nebenkläger-Frage, ob er für sein Ja zur Loveparade Geschenke oder Geld bekommen habe, sagt er kontrolliert: „Ich betrachte das nicht als Unterstellung“. Und antwortet dann mit Nein. Auch politischen Druck habe es nicht gegeben, versichert er. Anlass für diese Aussage gibt ein zuvor diskutierter Brief des damaligen Duisburger Bundestagsabgeordneten Thomas Mahlberg (CDU) Anfang 2009 an Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP). Darin soll Mahlberg die Ablösung des Duisburger Polizeipräsidenten Rolf Cebin gefordert haben, weil dieser Sicherheitsbedenken gegen die Loveparade in Duisburg geäußert hatte. Mahlberg befürchtete einen Imageschaden für die Stadt, wenn diese die Loveparade nicht durchführe. Gab es Druck von einem Parteifreund im Bundestag und vielleicht aus der Landesregierung, die Loveparade durchzuführen? Ein Verdacht, der das Gericht wohl noch beschäftigen wird.
Sauerland stellt sich hinter seine ehemaligen Kollegen, sechs angeklagte Mitarbeiter der Stadt Duisburg. Die Verwaltung habe bei der Genehmigung der Loveparade nichts falsch gemacht, die Fehler müssten woanders liegen. Bei wem, sagt er nicht. Bei den vier Angeklagten vom Loveparade-Veranstalter Lopavent? Bei deren (nicht angeklagtem) Chef? Oder bei der (nicht angeklagten) Polizei?