Loveparade Kann ein Gesetz Großveranstaltungen sicherer machen?
Die SPD im Landtag sieht einen Bedarf für eine landesweite Regelung durch ein Veranstaltungsgesetz. Das Innenministerium will das Thema den Kommunen überlassen.
Düsseldorf. Im Loveparade-Prozess spielt sie eine zentrale Rolle — die Frage, welche Fehler es bei der Planung des Großereignisses gab. Könnte ein neues Gesetz helfen, um solch eine Katastrophe in Zukunft zu vermeiden?
Die SPD-Fraktion im NRW-Landtag sieht in einem Veranstaltungsgesetz jedenfalls den Ansatz dafür, eine „einheitliche, klare und kohärente Rechtsgrundlage“ für die Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen“ aufzustellen. Hartmut Ganzke, Experte für sicherheitspolitische Fragen in der SPD-Fraktion, gegenüber dieser Zeitung: „Bisher sind die Rechtsgrundlagen für die Genehmigung und Durchführung solcher Veranstaltungen auf viele verschiedene Gesetze verteilt. Das lässt insbesondere Vertreter von kleinen Kommunen, wo im Ordnungsamt nur zwei Leute sitzen, kaum ruhig schlafen.“
Die SPD mahnt: Vor dem Hintergrund gestiegener Terrorgefahr müssten die Kommunen sich bei Veranstaltungen wie Public Viewing beim Fußball, bei Konzerten, Straßen- oder Stadtteilfesten vermehrt um Sicherheitsaspekte kümmern. Und dafür brauchten sie eine landesgesetzliche Hilfestellung, in der dann auch Mindestanforderungen geregelt seien. Ganzke nennt ein Beispiel: „Ich glaube, wenn ausgebildete Experten in der Verwaltung eine solche Veranstaltung bescheiden, führt das zu mehr Sicherheit für Besucher.“ Natürlich müsse nicht jede kleine Gemeinde einen Veranstaltungsfachmann haben, aber es müsse jedenfalls im Kreis entsprechende Ansprechpartner geben.
Gewerbeordnung, Straßengesetz, Ordnungsbehördengesetz, verkehrsrechtliche Regelungen — was Veranstalter und genehmigende Behörde im Blick haben müssen, erscheint unübersichtlich. Und dennoch: Wird ein Antrag auf eine Veranstaltung gestellt, läuft jedenfalls in solchen Kommunen, die häufig mit Großveranstaltungen befasst sind, ein eingespieltes Programm an, um ein möglichst hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. So gibt es in Düsseldorf den „Arbeitskreis Großveranstaltungen“, zu dem neben diversen Dienststellen der Stadt auch Marketinggesellschaft, Polizeipräsidium, Stadtwerke, Stadtreinigungsgesellschaft, Rheinbahn und Rettungsdienste gehören. Dabei hat man den „Orientierungsrahmen“ des Innenministeriums im Blick, der Hinweise für die Planung und Durchführung von Großveranstaltungen gibt.
Auf eben diesen „Orientierungsrahmen für die Sicherheit von Großveranstaltungen im Freien“, der bereits 2012 an die Kommunen herausgegeben wurde, verweist das NRW-Innenministerium, das keinen Bedarf für ein solches Gesetz sieht. Ein Sprecher betont gegenüber dieser Zeitung die in dem Papier enthaltenen Empfehlungen zum Sicherheitskonzept, das auch Regelungen zur Verfahrensbündelung enthält. Kommunen und Veranstalter könnten sich daran landesweit einheitlich orientieren und die Planung von Großveranstaltungen ihren örtlichen Gegebenheiten anpassen.
Die vom Orientierungsrahmen empfohlene organisatorische Verfahrensbündelung gesetzlich vorzuschreiben, würde, so der Sprecher, unmittelbar in die Organisationshoheit der Kommunen eingreifen. Veranstaltungen seien nun mal keine genormten Konstruktionen, die immer nach gleichen Kriterien betrachtet werden könnten. Daher sei die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung des Veranstaltungsrechts nicht sinnvoll. Bei einer gesetzlichen Verankerung bestehe eher das Risiko einer Überreglementierung.
Im Übrigen seien die meisten Veranstaltungssachverhalte bereits landes- oder bundesgesetzlich geregelt. Dem Land fehle die Gesetzgebungskompetenz für ein einheitliches Veranstaltungsrecht. Es könne daher gar keine landesweite Lösung geben. Stattdessen müssten individuelle, kommunale Lösungen für die Sicherheit von Großveranstaltungen gefunden werden. Das Fazit des Ministeriumssprechers: „Ein einheitliches Veranstaltungsgesetz würde lediglich mehr Vorschriften bedeuten, nicht aber mehr Sicherheit.“
Die SPD will im Innenausschuss des Landtags zunächst mal eine Anhörung von Sachverständigen (Juristen, Sicherheitsingenieure) durchführen. Auch Vertreter kleinerer Kommunen sollen gehört werden, ob eine einheitliche Regelung ihnen mehr Sicherheit bei der Durchführung von Veranstaltungen geben könnte. Am Donnerstag wird das Thema im Innenausschuss erstmals besprochen.