Opposition kritisiert geplantes Polizeigesetz
Die Polizei soll zukünftig nicht erst bei "konkreter Gefahr" sondern schon bei "drohender Gefahr" handeln. SPD und Grüne im NRW-Landtag sehen die Grundrechte wegen des neuen Polizeigesetzes bedroht.
Düsseldorf. Anders als in Bayern, wo gegen die dort geplante Ausweitung der Polizeibefugnisse landesweit demonstriert wird, ist es in Düsseldorf nur ein überschaubares Grüppchen, das am Donnerstag vor dem Landtag protestiert — gegen ein auch in NRW geplantes neues Polizeigesetz. Drinnen im Plenum reagiert Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der ersten Lesung des Gesetzes so auf das Geschehen vor der Tür: „Zu meinen Ehren ist erstmalig eine Demonstration veranstaltet worden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so was noch erlebe.“
Natürlich geht es nicht um Reul persönlich, es geht auch nicht um den für das Gesetz federführenden Innenminister. Und SPD-Mann Hartmut Ganzke stellt klar, dass es aus seiner Sicht auch „nicht nur um ein Gesetz für 100 oder mehr Gefährder oder einige tausend Salafisten geht. Und auch nicht um ein Gesetz für 40 000 Polizisten in NRW.“ Es gehe um ein Gesetz, das 18 Millionen Einwohner in NRW betreffe. Betroffen von erweiterten Eingriffsbefugnissen der Polizei könne letztlich jeder Bürger sein. Und das vor allem durch die im Gesetz vorgesehene Einführung des Rechtsbegriffs der „drohenden Gefahr“, die die Polizei zum Maßstab ihres Eingreifens machen dürfe.
Jurist Ganzke warnt, das führe zu einer massiven Ausweitung der polizeilichen Befugnisse. Anders als nach bisherigem Recht, wonach die Polizei erst bei einer „konkreten Gefahr“ eingreifen könne, sei dies künftig bereits bei einer drohenden Gefahr möglich. Also dann, wie Ganzke es ausdrückt, „wenn irgendwann etwas möglicherweise mal gefährlich werden kann“. Damit seien Grundrechte gefährdet, darüber müsse intensiv diskutiert werden. Auch derjenige, der möglicherweise zur falschen Zeit am falschen Ort mit der falschen Person nur redet, könne betroffen sein.
Innenminister Reul dagegen betont, dass die schwarz-gelbe Regierung „den Menschen in NRW das Vertrauen in den Rechtsstaat wiedergeben“ wolle. An der Polizeibasis würden „offensichtliche Unzulänglichkeiten“ des bisherigen Polizeigesetzes moniert. Nunmehr werde die Handlungsfähigkeit der Polizei gesichert. Dazu gehörten die strategische Fahndung und die Telekommunikationsüberwachung, die Einführung der elektronischen Fußfessel und des Unterbindungsgewahrsams bis zu einem Monat. Die elektronische Fußfessel werde in erster Linie für terroristische Gefährder zugelassen. Und nur als ultima ratio (letztes Mittel) bei Sexualstraftätern, Stalkern und bei häuslicher Gewalt. Es brauche den Begriff der „drohenden Gefahr“ als Eingriffsvoraussetzung, weil sich beim Terrorismus einfach nicht immer vorhersagen lasse, wann wo was passiere.
Der Koalitionspartner FDP steht da ganz auf Reuls Seite. Marc Lürbke sagt, die Polizisten müssten Tätern auf Augenhöhe begegnen können. Es sei höchste Zeit, dass die Politik nach sieben Jahren Stillstand den hierfür notwendigen rechtlichen Rahmen setze. Die Bürgerrechte seien gewahrt, verspricht er, das habe man sehr genau geprüft.
Verena Schäffer von den Grünen sieht das anders und greift die FDP für ihre Mitwirkung an dem Gesetzentwurf frontal an: „Wer wirklich mal wegen der Bürgerrechte in diese FDP eingetreten ist, für den ist aus meiner Sicht jetzt der Zeitpunkt, aus dieser Partei auszutreten.“ Das Gesetz bringe massive Einschränkungen der Bürgerrechte und verspreche eine Sicherheit, die nicht geliefert werden könne. „Herr Reul, Sie sind ein Risiko für unsere Freiheit und unsere verbrieften Rechte“, ruft sie.
In der AfD findet Schwarz-Gelb dagegen einen kaum erwünschten Fürsprecher. Wie schon bei manch anderer Debatte wiederholt Thomas Röckemann für seine Fraktion am Donnerstag eine Art Mantra der Partei, wenn er sagt: „Afd wirkt“. Der Gesetzentwurf zeige eine offensichtliche Nachahmung eines zuvor von der AfD präsentierten Planes. Allerdings mit handwerklichen Schwächen. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss es erst noch durch die Ausschüsse, samt Expertenanhörung. Der Entwurf ist zu finden im Internet unter bit.ly/2JqOn0k