Sicherheitspaket Zugriff auf Daten, Videobeobachtung - Innenminister Reul auf Sicherheitsmission

CDU-Innenminister Herbert Reul will den Menschen in NRW das Vertrauen in den Rechtsstaat zurückgeben. Die Opposition sieht ihn „auf Orwells Wegen“.

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Düsseldorf. Herbert Reul sieht sich auf einer Mission. „Vor 33 Wochen haben wir das Versprechen gegeben, den Menschen das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederzugeben“, sagt der CDU-Innenminister, als er die Pläne zur Überarbeitung des NRW-Polizeigesetzes vorstellt. Dazu soll das Maßnahmenpaket dienen. Und dazu sollen auch ein paar Zitate aus seinem Mund dienen. „Das Dürfen bestimmt das Können und nicht umgekehrt“ zum Beispiel. Oder auch: „Wir wollen, dass künftig bereits die drohende terroristische Gefahr als Schwelle für polizeiliches Einschreiten genügt.“

Dafür bietet der Gesetzentwurf seines Ministeriums einige Ansatzpunkte. Zum Beispiel bei der Telekommunikation, wo der Polizei künftig auch der Zugriff auf verschlüsselte digitale Inhalte erlaubt sein soll. „Wenn Terroristen ihre Anschläge längst per Whatsapp planen, können wir uns kein Polizeigesetz aus dem Wählscheiben-Zeitalter leisten“, sagt Reul.

Weiterer Ansatzpunkt: der massiv ausgeweitete Unterbindungsgewahrsam, der allerdings nur in seiner maximalen Ausdehnung bis zu einem Monat auf terroristische Gefährder gemünzt ist. Denn auch bei häuslicher Gewalt sollen bis zu zehn Tage Gewahrsam möglich werden, bei Hooligans und Bandenkriminellen immerhin noch eine Woche.

Die verstärkte Videobeobachtung hat ebenfalls einen starken Schwerpunkt in der Bekämpfung der Alltagskriminalität. Videokameras sollen auch in Gebieten außerhalb von Kriminalitätsschwerpunkten aufgestellt werden dürfen. Und die elektronischen Fußfesseln, bisher bei der Überwachung von Gefährdern nur in Bayern und Baden-Württemberg erlaubt, sieht Reul zudem als Entlastung der Polizei: Für eine lückenlose Überwachung seien sonst mehr als 30 Beamte notwendig. Die zentrale Kontrolle der Fußfesselträger wird voraussichtlich in Duisburg angesiedelt.

Das Gesetz wird viele neue Möglichkeiten eröffnen. Vor der Umsetzung sind aber noch viele Hürden zu nehmen. Damit ist nicht nur das parlamentarische Verfahren gemeint, sondern auch technische und personelle Herausforderungen. „Wenn wir das Gesetz morgen hätten, könnten wir vieles noch gar nicht machen“, räumt Reul ein. Bei der Überwachung der Telekommunikation setzt er daher auf verstärkte Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt.

Die ersten Reaktionen auf das Sicherheitspaket fallen naturgemäß unterschiedlich aus — je nachdem, wen man fragt. Die Gewerkschaft der Polizei (GDP) freut sich: „Das Sicherheitsgefälle gegenüber anderen Ländern wird endlich beseitigt.“ Die SPD wartet ab: „Sobald der Gesetzentwurf von der Landesregierung beschlossen wurde und vorliegt, werden wir sorgfältig prüfen, ob die vom Innenminister bereits vorab angekündigten Maßnahmen geeignet sein werden, um die innere Sicherheit in NRW zu erhöhen. Einschränkungen in Freiheitsrechte werden wir nur dann akzeptieren, wenn sie einen überragenden Mehrwert für die Sicherheit in unserem Land gewährleisten“, erklärt Ex-Justizminister Thomas Kutschaty.

Am schärfsten gehen die Grünen mit Reuls Gesetzesvorhaben ins Gericht. „Eine wirkliche Balance zwischen legitimen Sicherheitsinteressen und dem Schutz unserer Freiheits- und Bürgerrechte ist mit diesem Maßnahmenpaket nicht mehr gegeben“, schimpft die innenpolitische Sprecherin Verena Schäffer. Reul wandele „auf Orwells Wegen“: „Die Terrorabwehr wird nunmehr als Begründung für jegliche Gesetzesverschärfungen herangezogen.“