Trauer, die sich in Wut verwandelt
Die Menschen machen vor allem Duisburgs Oberbürgermeister verantwortlich.
Duisburg. Der Strom der Trauernden will nicht abreißen. Mit Blumen, Briefen und persönlichen Andenken kommen am Montag hunderte Menschen zur Unglückstelle an der Karl-Lehr-Straße in Duisburg. Viele liegen sich weinend in den Armen, anderen ist die Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.
Doch unter die Trauer mischt sich immer mehr Wut. "Und keiner hat Schuld - jeder Vollidiot hätte es besser gewusst", hat jemand in Druckbuchstaben auf ein Stück Pappe gemalt. Andere Mitteillungen sind deutlicher: "Ich klage an. Die verantwortlichen Organisatoren haben unsere Kinder in den Tod getrieben", heißt es auf einem Plakat, das zwischen Hunderten von Kerzen steht. Unterschrieben ist es mit "eine Mutter".
Die Menschen in der Ruhrgebietsstadt sind aufgebracht. Und ihr Zorn richtet sich vor allem gegen den CDU-Oberbürgermeister. Als Adolf Sauerland am Sonntagabend die Unglückstelle besucht habe, sei er "ausgebuht und weggejagt" worden, erzählt eine Frau mittleren Alters, die mit anderen Bürgern in einer Gruppe zusammensteht. "Der soll sich hier nicht blicken lassen", wirft ein Rentner in die Runde.
Warnungen habe es genug gegeben, erzählen die Anwohner. "Jeder hat gewusst, dass das Gelände viel zu klein und die Straße zu schmal ist für so viele Menschen", sagt Frank Wasserkamp, der unweit der Unterführung wohnt. Erbost ist der 43-Jährige vor allem über die Reaktion der Verantwortlichen. "Die haben die Leute in die Falle laufen lassen. Und jetzt will es keiner schuld sein." Beruhigt habe man die Leute im Vorfeld damit, dass das Konzept von Sachverständigen abgenommen worden sei. "Die haben sich die Sache schön geredet", meint Frank Wasserkamp.
Ähnlich sieht es auch Katrin Dombrobski. "Es gab schon lange vorher Gerüchte, dass da gemauschelt wurde und dass die Sache nicht gut gehen kann", sagt die 24-Jährige. Aus Profitgier und Prestigesucht sollen die Stadtoberen dennoch an der Ausrichtung des Events festgehalten haben.
"Die Stadt wollte unbedingt die Loveparade haben, um ihr Image aufzubessern. Jetzt ist genau das Gegenteil passiert", sagt Katrin Dombrobski.
Es regnet in Strömen an diesem Vormittag. Immer wieder erlöschen einzelne Kerzen im Lichtermeer. Die Botschaften von Angehörigen, Freunden und Menschen, die einfach nur Anteil nehmen wollen, sind aufgeweicht. Ein Kreuz, aus Eis geschnitzt, schmilzt langsam vor sich hin.
Für den Verkehr ist der Bereich der Unterführung noch gesperrt. Der dunkle Tunnel wirkt gespenstisch. Einsam sitzt dort ein junger Mann an die Wand gekauert. Seine Kleidung ist so nass, dass sich bereits eine kleine Pfütze gebildet hat. Sein Gesicht verbirgt er hinter den Händen.
Im Rathaus hat die Verwaltung derweil ein Kondolenzbuch ausgelegt. "Die Stadt Duisburg trauert um die Opfer", ist dort zu lesen. Unterschrieben sind die Zeilen vom Oberbürgermeister.