Oberbürgermeister unter Beschuss
Loveparade: Die Stadt Duisburg soll Sicherheitsvorschriften missachtet haben. Inzwischen steigt die Zahl der Toten auf 20.
Duisburg. Der Druck auf Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) wird immer größer. Nach und nach werden weitere Details bekannt, nach denen die Stadt Duisburg offenbar Warnungen ignoriert und bestehende Sicherheitsvorschriften ausgehebelt haben soll.
Gestern Mittag verdichteten sich Hinweise, der Oberbürgermeister werde wegen dieser offenbar gravierenden Fehlplanungen zurücktreten. Am Nachmittag lehnte Sauerland diese Forderung aber in einer schriftlichen Stellungnahme ab. "Ich kann diese Forderung nachvollziehen. Und dennoch müssen wir uns die Zeit nehmen dürfen, zunächst die schrecklichen Ereignisse aufzuarbeiten", heißt es in dem Schreiben, das auf der Homepage der Stadt veröffentlicht wurde.
Zuvor hatte "Spiegel Online" unter Berufung auf ein internes Verwaltungsdokument aus Duisburg über Schwachstellen des Sicherheitskonzepts bei der Großveranstaltung berichtet.
So habe der Veranstalter nicht die sonst vorgeschriebene Breite der Fluchtwege einhalten müssen. Zugleich sei das Gelände ausdrücklich nur für 250 000 Menschen zugelassen gewesen. Die Veranstalter hatten jedoch 500000 Menschen bei der Stadt angemeldet. Wieviele Menschen letztlich genau nach Duisburg gekommen waren, blieb gestern noch unklar. Die Polizei widersprach früheren Berichten, wonach am Samstag 1,4 Millionen Raver zu der Techno-Party gekommen waren.
Kritik am Sicherheitskonzept der Techno-Parade kommt auch von der Deutschen Polizeigewerkschaft. "Ich habe vor einem Jahr Duisburg als ungeeignet für die Loveparade abgelehnt und bin dafür als Spaßverderber und Sicherheitsfanatiker beschimpft worden", sagte der Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.
Der ehemalige Bochumer Polizeipräsident Thomas Wenner (62) erstattete unterdessen Anzeige gegen Oberbürgermeister Sauerland sowie leitende Beamte der Stadt und die Veranstalter. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Unterlagen der Organisatoren. Die Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung stünden jedoch noch am Anfang, sagte Staatsanwalt Rolf Haverkamp in Duisburg.
Möglicherweise werden Fehlleistungen bei der Vorbereitung der Loveparade auch Inhalt einer parlamentarischen Untersuchungskommission. Die Einrichtung eines solchen politischen Gremiums hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verlangt.
Die Zahl der Toten erhöhte sich am Montag auf 20. Eine 21-Jährige erlag in einer Duisburger Klinik ihren schweren Verletzungen. Die Polizei gab die Zahl der Verletzten mit 510 an, von denen 283 in Krankenhäusern behandelt werden mussten. 41 Verletzte waren am Montag noch in umliegenden Kliniken untergebracht.