Ein Keim, viele Behörden

Wer ist in Lebensmittelfragen zuständig? Grüne kritisieren unklare Strukturen.

Berlin. Das Krisenmanagement von Bund und Ländern in der Ehec-Epidemie muss aus Sicht der Opposition dringend verbessert werden. „Ich bin dafür, die Lebensmittelkontrolle bei den Ländern zu lassen. Aber entscheidend ist, dass einer den Hut auf hat und alle Informationen zusammenführt“, erklärte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn am Dienstag.

Jüngstes Beispiel ist die Mitteilung der niedersächsischen Landesregierung, dass frische Sprossen Ursache für die Ehec-Infektion sein könnten. Zwar gab es zunächst nur Indizien, aber das zuständige Landesministerium in Hannover hielt es für angebracht, die Verbraucher vor dem Sprossenverzehr zu warnen.

Nun sind das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gefordert, der Spur in Patientenbefragungen nachzugehen. „Wir brauchen eine bessere Koordination zwischen Bund und Ländern. Es müssen klare Vorgaben her, wer die Informationen herausgeben darf“, sagte der agrarpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wilhelm Priesmeier.

Da es an der Nahtstelle zwischen Bund und Ländern bei Lebensmittelskandalen immer wieder hakt, sind in den vergangenen Jahren wiederholt Organisationsstrukturen verändert worden.

So verdankt besagtes Robert-Koch-Institut seine Eigenständigkeit der Auflösung des Bundesgesundheitsamtes 1994, aus dem damals auch das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) hervorging.

Aber dabei blieb es nicht: 2002 unter der ersten Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) wurde wiederum das BgVV zerschlagen. Ziel: Die Kommunikation von Risiken im Verbraucherschutz zu verbessern.

So erblickten gleichzeitig das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) das Licht der Welt, die nun auch bei Ehec dem Keim auf der Spur sind. Die Aufteilung in zwei Behörden sollte Transparenz und Unabhängigkeit der BfR-Wissenschaftler garantieren, denn sie arbeiten weisungsunabhängig. Das RKI hingegen gehört zum Zuständigkeitsbereich des Bundesgesundheitsministeriums.

Priesmeier beobachtet beim BfR jedoch „enorme Defizite bei der Beschaffung von Informationen“. Das Institut soll die Bürger über Risiken in Lebensmitteln informieren. „Doch dafür kann es nicht einfach direkt bei einem Veterinäramt eines Landkreises anrufen“, erklärt Priesmeier. Der offizielle Weg laufe über das Bundesministerium und das BVL. Er sagt: „Wir brauchen einen Staatsvertrag zwischen Länder- und Bundesbehörden, um solche Abläufe zu beschleunigen.“

Unterstützung erhält die Opposition von Verbraucherschützer Stefan Etgeton. Verzehrempfehlungen sollten nicht von den Ländern, sondern vom RKI oder dem BfR herausgegeben werden. Dann hätte auch das Durcheinander vermieden werden können, ob Verbraucher Salat aus Norddeutschland oder Salat in Norddeutschland meiden sollten.