Der erste freie Tag seit Wochen - auf zum Angeln am Palm Creek
WZ-Redakteurin Juliane Kinast bereist im Rahmen eines Sabbaticals die Welt. Im Blog berichtet Sie aus dem Cowgirl-Leben im australischen Outback.
Northern Territory Arbeitszeiten und eine Fünf-Tage-Woche - so etwas gibt es im Busch nicht. Aber: Wenn man mal einen oder auch nur einen halben Tag frei hat. Dann ist das auch etwas ganz Besonderes und man genießt es fünffach.
Ich bin jetzt seit einem Monat auf der Cattle Station, ohne Kontakt zur Außenwelt, und heute ist mein erster freier Nachmittag. Genehmigt von Farmerssohn Matt höchstpersönlich - und passenderweise hat er zwei Kumpel zu Besuch, mit denen er ohnehin zum Fischen rausfahren wollte an den Palm Creek. Ein Bachlauf, gute 40 Minuten Fahrt von Haus und Arbeitercamp entfernt und wunderschön türkisblau.
Dummerweise haben Matt und seine Familie in den beiden vergangenen Jahren ein riesiges Salzwasserkrokodil-Männchen dort beobachtet, weshalb Schwimmen komplett flachfällt. Aber: Matt hat für jeden aus der Crew eine Angel dabei und erklärt genau, wie man den Köder auswerfen und durch das Wasser ziehen muss, um einen Barramundi zu fangen. Das sind die großen Speisefische, von denen ich noch nie im Leben zuvor gehört habe, hinter denen in Australien aber jeder Angler her ist.
Und so sitze ich dann mit einen Sicherheitsabstand von zwei Metern am steinigen Ufer, werfe immer wieder die Angel aus: nach hinten, Daumen auf der Spirale mit der Angelschnur, Schwung holen, werfen, Daumen loslassen, Köder fliegen lassen und vor dem Eintauchen rasch wieder den Daumen auf die Schnur.
Ich muss ja ehrlich gestehen: Ich bin Vegetarier und habe Fisch noch nie gemocht. Aber ich habe schon schlechtere Nachmittage verbracht, als zwischen grünen Palmen am Wasser zu sitzen, meine Angel auszuwerfen und zwischendurch am mitgebrachten Dosenbier zu nippen.
Am Ende des Tages hat meine Kollegin Hanna aus Victoria als Einzige einen Fisch gefangen. Und der ist vom Barramundi, der auch mal über einen Meter lang sein kann, so weit entfernt wie der Goldfisch vom Weißen Hai. Aber er wird am Abend trotzdem über dem alten halbierten Ölfass, das wir uns für unsere Lagerfeuer vor dem Kitchen-Van organisiert haben, gebraten.
Zum Glück für die Crew gibt es dazu noch jede Menge Steaks. Und einer von Matts Freunden hat eine Flasche Bundaberg-Rum dabei, der in Australien hergestellt und gerne anstelle eines Feierabendbiers getrunken wird - und in den Pubs für ebenso viel Umsatz wie Ärger sorgen dürfte. Aber da der nächste Pub für uns Cowboys und -girls vier bis fünf Stunden Fahrt entfernt ist, genießen wir ganz ungeniert - bevor wir in unsere kleinen Kojen fallen, um beim ersten Tageslicht um 6.30 Uhr wieder in verdreckten Jeans und schmierigen Arbeitsshirts parat zu stehen.