Laue Schifffahrt durch die Bucht der tausend Felsen

Dreieinhalb Tage, die sich wie dreieinhalb Monate anfühlten, habe ich in Halong City - der ödesten Stadt Vietnams, wie ich beschlossen habe - auf meine Bootstour in die Weltnaturerbe-Bucht gewartet. Und als sie am vierten Tag endlich wahr wird, bin ich fest entschlossen, sie zu lieben.

Foto: Juliane Kinast

Jede Minute von ihr. Als ich mir im Minibus zum Hafen eine Zweierbank mit vier Backpackern teile, als ich im überlaufenen Touri-Terminal eine Stunde lang herumsitze.

Foto: Juliane Kinast

Auch als unser wahnsinnig nerviger Guide Ken - der sich vorstellt mit "Ken wie in Heineken", die wohl dämlichste Eselsbrücke für seinen supereinfachen Namen, die natürlich nur dazu führt, dass er von da an Heineken genannt wird - eine halbe Stunde lang nicht aufhört zu reden, während hinter ihm das Lunchbuffet darauf wartet, eröffnet zu werden, und uns allen der Magen auf den Fersen baumelt. Und auch als ich feststellen muss, dass Wasser keineswegs wie angekündigt inklusive ist, aber für den Schnäppchenpreis von einem US-Dollar je 500-Milliliter-Flasche zu haben ist, was für mich Vieltrinkerin die ganze Tour auf das Preisniveau einer Luxus-Cruise hebt. Ich bin und bleibe fröhlich.

Foto: Juliane Kinast

Zwei Stunden später als vom Tourbüro als Startzeit angegeben legen wir ab. Der Nachmittag solle prall gefüllt mit Aktivitäten sein, hieß es. Erster Ankerplatz: eine Höhle. Wir müssen warten. Zu großer Andrang von Booten, kein Platz am Pier. Dann Schlange stehen auf der Treppe zum Höhleneingang. Stop and Go durch die Grotte. Hier und da bekomme ich einen Selfie-Stick ab. Macht ja nichts.

Foto: Juliane Kinast

Zurück auf dem Boot fahren wir endlich mitten hinein in die Halong Bay, hindurch zwischen großen und kleinen Kalkfelsen mit schroffen Kliffen und dichtem Grün, langen und ganz kurzen, hohen und welchen, die nur so gerade eben noch aus dem Wasser lugen. Eine dramatische Kulisse, in der man verstehen kann, warum für James Bond der Morgen hier nie starb. Wir tuckern vielleicht zwei, drei Kilometer hinein - so weit, wie wir auf dieser Tour kommen werden. Einmal schnell ins Wasser springen. "Aber nicht vom Topdeck", warnt Reiseleiter Heineken, "das ist eine tödliche Gefahr ..." Und natürlich springen in diesem Moment die Ersten von ganz oben.

Foto: Juliane Kinast

Nach zehn Minuten Plantschen drängt Heineken dann auch schon wieder: "So, jetzt geht ihr vor dem Dinner alle rasch duschen." Ob ihm mal jemand gesagt hat, Europäer fänden es entspannend, wenn ihnen Entscheidungen der Körperhygiene abgenommen werden?

Foto: Juliane Kinast

Meine Kabine immerhin, die ich mir mit einer Niederländerin teile, ist gemütlich, klimatisiert, hat eine tolle Dusche. Das Dinner ist reichhaltig, danach gibt es 20 Liter Bier gratis - bei 40 Mann an Bord zwei kleine Bier für jeden. Dann befiehlt Heineken, es gehe jetzt jeden Moment los mit Karaoke. So schnell hat sich vermutlich selten ein mit Gratisalkohol gefüllter Raum voller Backpacker geleert. Wir sind dann mal lieber an Deck unterm Sternenhimmel.

Foto: Juliane Kinast

Nach einer selbstauferlegten kurzen Nacht, weil ich unbedingt um Viertel nach fünf den Sonnenaufgang beobachten muss, und einem Frühstück gießt Heineken weiter das Füllhorn an Aktivitäten über uns aus. Kayak fahren. "Aber wir sind eine große Gruppe und haben zu wenig Boote", erklärt der Vietnamese. "Also bitte jeder nur eine halbe Stunde." Wirklich nah kommt man den faszinierenden Felsen im Morgenlicht in dieser Zeitspanne nicht, aber ich genieße die Paddelei dennoch. Zurück an Deck erläutert Heineken uns, wir sollten jetzt duschen gehen. Natürlich. Und dann dümpeln wir an genau der Stelle herum, an der wir seit nunmehr 16 Stunden ankern, während die Teilnehmer, die drei Tage Tour gebucht haben, auf andere Boote verteilt und zu Inseln gegondelt werden.

Wir Übriggebliebenen hingegen fahren wieder gen Halong City. Die Zwei-Tages-Tour entpuppt sich als letztlich rund 21 Stunden in der Bucht selbst, davon zumeist an einem Ort. Egal, ich bin noch immer fröhlich. Bei Sonnenschein im Welterbe ist auf jeden Fall besser als im Taifun in der ödesten Stadt des Landes. Ein Gewitter hat tatsächlich etwas Reinigendes.