WM-Verlierer DEB-Goalie Greiss nach Social-Media-Affäre am Scheideweg

Köln (dpa) - Ein Verlierer der Eishockey-Weltmeisterschaft in Köln und Paris steht schon vor dem Ende des Heim-Turniers fest: Thomas Greiss. Daran änderte auch die Berufung des 31 Jahre alten Torhüters in den Kader für das Viertelfinale am Donnerstag gegen Kanada nichts mehr.

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Ob der Goalie der New York Islanders nach der WM noch einmal für das Team des Deutschen Eishockey-Bunds aufläuft, scheint unklar. Nach der Social-Media-Affäre um Zustimmung zu einem Vergleich von Hillary Clinton mit Adolf Hitler im Internet hatte Greiss zuletzt an Spieltagen nicht mehr im deutschen WM-Aufgebot gestanden. Offiziell wegen einer Verletzung. Nach wie vor gilt, was DEB-Vizepräsident Marc Hindelang nach Bekanntwerden der Affäre sagte: „Rein sportlich wird es keine Konsequenzen haben.“ Was sich nun bestätigte.

Als NHL-Profi ist der als Torhüter teils überragende Greiss in Zukunft für Länderspiele aber kaum verfügbar. Seine WM-Teilnahme in diesem Jahr lag an der besonderen Bedeutung des Heim-Turniers und dem frühen Saison-Aus der Islanders. Die populistische Drohung von DOSB-Chef Alfons Hörmann, Greiss im Wiederholungsfall von Zustimmung zu rechtsgerichteten Inhalten im Internet aus dem Olympia-Team zu werfen, lief jedenfalls ins Leere. Die nordamerikanische Profiliga NHL hatte angekündigt, ihre Saison 2018 nicht für die Winterspiele unterbrechen zu wollen. Greiss steht somit gar nicht im Olympia-Team.

Dem 31-Jährigen wurden unbedachte Internet-Aktivitäten, die bereits knapp ein Jahr zurückliegen, zum Verhängnis. Der Deutschlandfunk hatte medienwirksam erst während der WM darüber berichtet. Der seit vielen Jahren in den USA lebende und mit einer Amerikanerin verheiratete Greiss hatte sich im sozialen Netzwerk Instagram im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 als Anhänger des inzwischen gewählten Präsidenten Donald Trump zu erkennen gegeben.

Teilweise derben Diffamierungen der Trump-Konkurrentin Clinton hatte Greiss dabei über den „Gefällt-mir-Button“ seine Zustimmung gegeben. Unter anderem einem Bild mit dem Hitler-Konterfei und dem Spruch: „Never arrested, never convicted, just as innocent as Hillary“ („Nie festgenommen, nie verurteilt - genauso unschuldig wie Hillary“).

Die verspätete DEB-Reaktion auf den Bericht war eindeutig. „Grundsätzlich ist Hitler ein No-Go, das ist ganz klar. Es gibt Dinge, die gehen in Deutschland nicht“, sagte Hindelang. „Aber alles andere, wen er wählt, wen er gut findet, ist seine Sache. Wir können niemandem vorwerfen, für oder gegen Trump oder Clinton zu sein.“

Dass Greiss dennoch - vorsichtig ausgedrückt - skeptisch beäugt wird, liegt zum einen an dessen öffentlichem Schweigen und zum anderen am DEB. Dessen Krisenmanagement als unglücklich zu bezeichnen, wäre falsch. Es gab schlichtweg keins. Als das Thema am meisten drängte, wurde Bundestrainer Marco Sturm offensichtlich nur rudimentär über das beim Verband seit Tagen bekannte Problem vor einer turnusmäßigen Presserunde in Kenntnis gesetzt. Entsprechend unglücklich waren seine Aussagen. „Ich habe von absolut nichts eine Ahnung“, sagte Sturm — und meinte damit natürlich Greiss' Aktionen bei Instagram. „Alles, was nichts mit Eishockey zu tun hat, kann ich nicht kontrollieren.“

Von DEB-Präsident Franz Reindl war hingegen zu dem Thema nichts zu hören. Bis heute nicht. Erst kurz vor dem WM-Spiel gegen Dänemark, was dann prompt verloren wurde, stellte sich der selbst als Journalist aktive Hindelang mehrere Stunden nach Veröffentlichung des Berichts den Medienvertretern. Von Greiss gab es hingegen auch über den DEB kein veröffentlichtes Statement. „Greiss spricht nicht“, sagte ein DEB-Sprecher auf mehrfache Nachfrage.

Greiss' Arbeitgeber wollte es dabei nicht bewenden lassen. In der Stadt, in der Clinton möglicherweise den größten Rückhalt hatte und hat, müssen die Islanders mehr als erschrocken gewesen sein. Postwendend veröffentlichte die Zeitung „Newsday“ ein Islanders-Statement mit einer Greiss-Entschuldigung. Der DEB war blamiert und hat bis heute nicht darauf reagiert.

Erst als Sturm in dieser Woche erneut zu dem Thema befragt wurde, meinte er treuherzig: „Das war in der Kabine überhaupt kein Thema.“ Einige Spieler ließen dagegen, wenn auch diplomatisch geäußert, durchaus ihre Missbilligung durchblicken.

Nach der Rückkehr aus Deutschland in die USA steht Greiss nun auch dort Unangenehmes bevor. „Die New York Islanders billigen das Social-Media-Verhalten von Thomas Greiss nicht und klären die Angelegenheit intern“, war die knappe Ansage des Greiss-Teams dazu.