Düsseldorfer EG Als eine Gruppe Touristen Bronze holte
Als krasser Außenseiter wurde das Nationalteam 1976 Olympia-Dritter. Am Samstag (12.02.) zeigt der BR darüber einen Film.
Düsseldorf. Als alles vorbei war und die Mannschaft wieder in der Kabine saß, herrschte Totenstille. Niemandem stand der Sinn danach, das Spiel zu analysieren, zu gucken, an welcher Stelle sie dieses eine Tor mehr hätten schießen können. Unter normalen Umständen wäre das 4:1 gegen die USA im letzten Spiel des Olympischen Eishockey-Turniers 1976 in Innsbruck trotzdem ein würdiger Abschluss gewesen. Aber hier war nichts normal. Deutschland, der krasse Außenseiter, hatte die Chance, Bronze zu gewinnen. „Wir dachten aber, wir müssen mit vier Toren Differenz gewinnen, so sind wir ins Spiel gegangen“, erinnert sich Walter Köberle, damals Nationalspieler, damals wie heute bei der Düsseldorfer EG.
Das Problem, im Nachhinein das Glück: Niemand kannte die komplizierten Regeln. Bei Punktgleichheit zählte nicht etwa wie in der Bundesliga die bessere Tordifferenz, sondern der Quotient aus geschossenen und kassierten Toren. Finnlands 9:8-Tore (1,125) waren demnach schlechter als die eigenen 7:6 (1,167). Nicht der Favorit aus Skandinavien, Deutschland hatte Bronze gewonnen — der größte und bis heute letzte richtige Erfolg des deutschen Eishockeys.
Köberle, neben Wolfgang Boos einer von zwei DEG-Spielern in Innsbruck, muss noch heute lachen, wenn er an die Zeit in der Kabine denkt. „Wir wussten es wirklich nicht, auch der TV-Reporter hat gesagt, wir hätten Bronze verpasst, fast eine halbe Stunde lang haben das alle gedacht.“ Und bis heute kann sich jeder ganz genau an diesen 14. Februar 1976 erinnern: „Es war Totenstimmung“, sagt Franz Reindl im Dokumentarfilm „0,0041 — das Eishockey-Wunder von Innsbruck“, den der Bayerische Rundfunk zum 40-Jährigen gedreht hat und heute um 17 Uhr sendet.
Die Premiere des Films stieg am Donnerstag in München. Und alle waren sie da, vom heutigen DEB-Präsidenten Reindl über Kapitän Alois Schloder bis Lorenz Funk senior. Letzterer trotz seiner Krankheit. Vom Krebs gezeichnet saß Funk im Rollstuhl. Ein „sehr emotionaler Moment“, wie Köberle sagt, „Lorenz hat sich so gefreut, uns alle zu sehen“.
Wirklich aus den Augen verloren hatten sie sich aber nie. Viele sind ihrem Sport bis heute verbunden, als Trainer, als Funktionäre. Zudem trafen sich die „76er“ immer wieder zu Benefizspielen oder fuhren gemeinsam in den Urlaub. Für die Dreharbeiten kam der „eingeschworene Haufen“ (Köberle) vergangenen Sommer in Innsbruck zusammen. Und schon waren die alten Bilder wieder da. Die ersten waren allerdings gar nicht so positiv. Nach der langen Bundesliga-Saison blieben nur zwei Wochen Trainingslager. „Wir haben in der Vorbereitung alles vergeigt. Es wurde überlegt, ob sie uns überhaupt da hinschicken“, erinnert sich Köberle, „wir waren die Deppen vom Eishockey, die übelsten Worte sind vorher gefallen, auch öffentlich.“
Doch mit dem 5:1 im Entscheidungsspiel gegen die Schweiz wuchs das Team von Trainer Xaver Unsinn zusammen. In der Finalrunde gab es nach dem Sieg gegen Polen erwartungsgemäß drei Niederlagen gegen Finnland sowie die Topteams UdSSR (Gold) und Tschechoslowakei (Silber). Weil die Finnen aber nicht nur gegen die, sondern auch gegen die USA verloren, war für die Deutschen mit einem eigenen Sieg gegen die Amerikaner plötzlich alles möglich. Und so machten sie das Spiel ihres Lebens und feierten den „mit Abstand größten Erfolg unserer Karrieren, größer als jede Meisterschaft“, sagt Köberle. Oder wie es Klaus Auhuber zusammenfasst: „Wir waren zuerst Touristen, dann haben wir Bronze geholt.“