Machtkampf um Eishockey-Unterhaus
Berlin (dpa) - Für Uwe Harnos ist der Fall zweifelsfrei. „Wenn jemand seine Wohnung kündigt, darf er sich doch auch nicht wundern, wenn sein Vermieter ihn dann zum Stichtag auf die Straße setzt“, sagt der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB).
Harnos will mit diesem Vergleich erklären, weshalb der Verband am Mittwoch einen Großteil der bisherigen Zweitligisten quasi zu „wilden Clubs“ deklariert hat.
Mindestens neun von zuletzt 13 Vereinen wollen sich vom Verband loslösen und künftig unter dem Dach der Profiliga DEL als neue DEL II spielen. Von diesem Schritt versprechen sie sich eine größere wirtschaftliche Stabilität. Dazu haben sie den Kooperationsvertrag mit dem DEB aufgekündigt, und aus diesem Grund sieht nun Harnos die Clubs in der Pflicht, „den von ihnen herbeigeführten Zustand wieder zu beenden“. Bei Gründung einer DEL II sieht Harnos auf das deutsche Eishockey einen irreparablen Bruch zwischen Profi- und Amateursport zukommen, „den gilt es zu verhindern“.
Ganz will er die Tür noch nicht zuschlagen: „Wir wünschen uns nach wie vor eine 2. Liga unter DEB-Führung und meinen, dazu auch ein für alle Seiten wirtschaftlich tragfähiges Angebot gemacht zu haben.“
Um die abtrünnigen Zweitligisten doch noch zu einem Einlenken zu zwingen, hat der DEB am Mittwoch den Druck zunächst aber erhöht und ein Ligenmodell für die Saison 2013/14 ohne diese Vereine vorgestellt: Bietigheim, Bremerhaven, Crimmitschau, Dresden, Heilbronn, Landshut, Ravensburg, Rosenheim und Weißwasser seien demnach „seit dem 1. Juni nicht an die nationale und internationale Eishockeyfamilie angeschlossen“, erklärte Harnos. Solange dieser Zustand anhält, wird der Verband für sie keine Transferkarten ausstellen und auch keine Schiedsrichter zu Spielen entsenden.
In einer gemeinsamen Erklärung haben die Dissidenten am Donnerstag noch einmal Geschlossenheit demonstriert und die Unumstößlichkeit ihrer Pläne dokumentiert. „Die DEB-Reaktion war zu erwarten und legt für alle Beobachter und Beteiligten einmal mehr ein beredtes Zeugnis dafür ab, dass der DEB weder willens noch in der Lage ist, sich den aktuellen Themen des deutschen Eishockeys zu stellen, diese anzupacken und zu lösen“, hieß es in ihrer Mitteilung. Heilbronns Manager Ernst Rupp betonte außerdem: „Wir wollen uns der DEL anschließen, dann sind wir zwei Profiligen.“
Zwar wollte DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke auf dpa-Anfrage keine Prognose darüber abgeben, wie kurzfristig es zur Bildung einer angestrebten DEL II kommen könnte. Gleichwohl solidarisieren sich erste Club-Vertreter mit ihren Kollegen von den Zweitligisten. Wolfsburgs Manager Karl-Heinz Fliegauf sagte den „Wolfsburger Nachrichten“: „Der DEB befürchtet bloß einen Machtverlust. Sein Kerngeschäft ist das Nationalteam, nicht die Liga. Der DEB versucht, mit diesem Ultimatum den Druck zu erhöhen. Man wird sehen, wie geschlossen sich nun die Clubs der 2. Liga präsentieren. Um Änderungen durchzusetzen, dürfen sie jetzt nicht umfallen. Wir durchlebten das gleiche Prozedere. Jeder weiß, wie es ausging.“ 1994 wurde die DEL gegründet, seit 1997 ist sie als Profiliga vom Verband unabhängig, im Herbst geht sie in ihre 20. Saison.
Auch im Fußball hatte es hierzulande lange gedauert, ehe der Verband seinen Vereinen professionelle Strukturen zugestehen wollte. Erst 1963, und damit weit nach den meisten übrigen Ländern Europas, wurde die Bundesliga gegründet. Weitere elf Jahre vergingen bis zur dringend notwendigen Gründung einer 2. Bundesliga unter Profi-Bedingungen. Dass ihre Einführung unerlässlich war, würde heutzutage niemand mehr bestreiten.